Agro-Gentechnik: Gentech-Soja Gefahr für Umwelt und Landwirtschaft
29.10.2009
Event jetzt bewerten:Umwelt-Risiken von GVO-Soja und die Chancen einer GVO-freien Futtermittelversorgung für Österreich und Europa! Antonio Andrioli im Gespräch im Grünen Parlamentsklub
Soja ist die weltweit bedeutendste Ölpflanze. Sie liegt vor Ölpalmen und Raps an der Spitze aller angebauten Ölsaaten. Mehr als die Hälfte des weltweit produzierten Pflanzenöls wird aus Sojabohnen gewonnen. Inzwischen stammen etwa siebzig Prozent der Welt-Sojaproduktion aus gentechnisch veränderten Sojabohnen.
Weltweit wurden 2008 etwa 221 Millionen Tonnen Sojabohnen geerntet. Die wichtigsten
Erzeugerländer sind die USA (73 Mio. Tonnen), Brasilien (61 Mio. Tonnen) und
Argentinien (46 Mio. Tonnen). Einen nennenswerten Sojaanbau gibt es noch in
China, Indien und Paraguay.
In
Mitteleuropa spielt der Sojaanbau aus klimatischen Gründen nur eine
untergeordnete Rolle. Derzeit beträgt die Sojaproduktion in den 27 Staaten der
EU etwa 750.000 Tonnen. Die Haupt-Anbauländer sind Italien, Rumänien,
Frankreich, Österreich und Ungarn.
EU-Importe. Die Länder der Europäischen Union decken
nahezu ihren gesamten Bedarf an Soja aus Importen aus dem Ausland.
Exportländer sind die USA, Brasilien und Argentinien. In den USA und
Argentinien werden fast ausschließlich gentechnisch veränderte Sojabohnen
angebaut. Die USA exportieren hauptsächlich nach China und Mexiko, während
Brasilien den größten Teil seines Anbaus in die EU exportiert. Konventionelle
gentechnikfreie Sojabohnen können aus Nordbrasilien bezogen werden.
Die
EU führt im Durchschnitt jährlich etwa 15 Millionen Tonnen Sojabohnen ein.
Diese werden in Ölmühlen zu Futtermitteln (Sojaschrot 11,5 Mio. t) und Öl (2,7
Mio. t) verarbeitet.
Zusätzlich
führt die EU Sojaschrot (Nebenprodukt aus der Verarbeitung von Soja) ein, das
als Tierfutter verwendet wird. Von 1995 bis 2005 wurden im Durchschnitt 15,8
Millionen Tonnen Sojaschrot importiert. 2007 und 2008 führte die EU knapp 25
Mio. Tonnen ein.
Österreich: Österreich importiert in den
letzten Jahren etwa 670 000 Tonnen Soja-Futtermittel. Die
eigene Soja-Anbaufläche in Österreich ist mit Anbau 2009 um 37 % gestiegen und
liegt bei etwa 25 000 Hektar.
Dr.
Antonio Inacio Andrioli:
Ich
habe ja eine Vergleichsstudie zwischen Biosoja und Gensoja durchgeführt. Bei
Biosoja kann man sagen, es ist wirtschaftlicher sinnvoller sie anzubauen, weil
es möglich ist höhere Erträge und geringere Betriebskosten zu haben. Ich habe
festgestellt, dass Biosoja mit 43 Prozent weniger Betriebskosten hergestellt
werden kann. Diese Einsparung entsteht, weil keine Pestizide und keine
chemischen Düngemittel angewendet und die Fruchtfolge und was wir in Brasilien
als Allelopathie78 bezeichnen
genutzt werden und Schädlinge und Krankheiten besser bekämpfen können. Dadurch
hat man eigentlich ein System in dem man billiger produzieren kann. Ich sage
auch billiger, weil es nicht unbedingt arbeitsintensiver ist. Ich hab
festgestellt, dass die Bauern im Durchschnitt auch nicht mehr arbeiten müssen
bei der Biosoja. Ich habe ja versucht zu beschreiben, warum die Kleinbauern
Gensoja anbauen. Die Tendenz ist, dass die meisten Kleinbauern in dieser Region
mit der Sojaproduktion aufhören. Sie können nicht mehr mithalten. Die
Betriebskosten werden so hoch und sie werden so stark mit technischen Problemen
konfrontiert, dass sie nicht mehr zurechtkommen und ihre Erträge sinken zudem
ja auch. Die Kontamination von Böden, die ganzen Auswirkungen auf die eigene
Gesundheit sind auch ein subjektives Element. In der Familienlandwirtschaft
leben die Bauern ja nicht wie die Großbauern in der Stadt und haben Angestellte
auf dem Land, sondern sie sind selbst da, als arbeitende und lebende Menschen.
So hat die Verschmutzung der Umwelt einen direkten Einfluss auf sie selbst. Der
Grund, weshalb Kleinbauern in dieser Region Biosoja anbauen ist nicht
wirtschaftlicher Natur, obwohl ich festgestellt habe, dass es viel
wirtschaftlicher wäre: Die meisten Bauern bauen Biosoja an wegen der
Gesundheit. Sie wollen keine Pestizide mehr einsetzen und sind nicht überzeugt
von dem Argument von Monsanto, dass man jetzt durch den Einsatz von einem
Herbizid, Herbizid verringern könnte. Was sich ja auch gar nicht bestätigt.
Also sie wollen weg von Agrargiften, sie wollen weg von der Kontamination der
Böden und sie wollen eigentlich eine andere Art des Landwirtschaftens. Das wird
aber durch die Ausbreitung des Gensojas verhindert, weil keine Koexistenz
zwischen Biosojaanbauer und Gensojaanbauer entsteht, außer man würde die ganzen
Plantagen außen herum abtrennen mit Zuckerrohr oder anderen Pflanzen, so dass die
Wahrscheinlichkeit der Kontamination durch Wasser, Sämaschinen oder Mähdrescher
verringert wird. Das ist wirtschaftlich gesehen aber ein Problem, weil sie auf
diesen Flächen nicht mehr anbauen können. Und die Risiken, oder die Kosten der
Verseuchung würden die Biosojaanbauer tragen.
Zerstörung der
Biodiversität in den Soja-Erzeugerländern
In Argentinien und kurz darauf auch in Rio Grande do Sul hat
sich bereits herausgestellt, dass drei der in Sojafeldern meistverbreiteten
Unkräuter gegen Glyphosat (der chemische Inhaltsstoff von Round Up) resistent
geworden sind, Einer der grundsätzlichen, von den Verfechtern des Einsatzes
transgener Kulturen besonders herausgestellten Vorzüge - die Reduktion der
Pflanzenschutzmittel - wird in der Realität nicht eingelöst.
Folge davon sind massive Belastungen des Ernteguts und der
Böden mit Glyphosat. Roundup-Applikationen während der Wachstumsperiode führen
zudem zu einer verminderten Stickstoff-Fixierung. Das massiv illegal
eingeschleuste transgene Saatgut (sementes piratas) fungiert zudem als
Türöffner für neue Schädlinge und Krankheiten.
Der seit 1985 geltende brasilianische Grenzwert für
Glyphosat-Rückstände in Soja in Höhe von 0,2 mg/kg wurde im Zuge der Zulassung
transgener Soja nach mehrjährigen Auseinandersetzungen seitens der nationalen
Hygieneüberwachungsbehörde ANVISA für gentechnisch veränderte Soja auf 10 mg
pro Kilo erhöht und ein Sicherheitsintervall von 56 Tagen festgelegt
(Resolution 33, D.O.U. 17.2.2004). Hintergrund ist, dass die Pestizidbelastung u.a.
infolge der Roundup-Anwendung während der Wachstumsphase bei Gensoja deutlich
höher ist als bei herkömmlicher Soja.
Die Rückstandsgehalte von Glyphosat und AMPA
(Aminomethylphosphonsäure, ein Abbauprodukt des Glyphosats) lagen bei
Erhebungen der Überwachungsbehörde DEFIS (Departamento de Fiscalização) des
Landwirtschaftsministeriums Paraná im Mittel bei 2,3 mg/kg, also zehnmal über
dem für nicht transgene Soja festgesetzten Grenzwert (0,2 mg/kg).
Im Schnitt stieg der Rückstandsgehalt zwischen 2004 und 2006
um 80 Prozent. Drei Viertel der Proben liegt über dem ehemaligen Grenzwert von
(0,2 mg/Kg), fünf Prozent mit Rückstandsgehalten von im Schnitt 20,8 mg/kg (bei
Höchstwerten von 36 mg/kg) sogar über dem 2004 „korrigierten" Grenzwert und
sind für den menschlichen Verzehr oder als Futtermittel nicht geeignet.
Argentinische Umwelt-Juristen kämpfen für ein Verkaufsverbot von
Glyphosaten
Die Financial Times vom 29.
Mai des Jahres berichtete, dass Argentinische Juristen nun auf Basis
wissenschaftlicher Untersuchungen von Andre Carrasco, der nachwies, dass selbst
sehr niedrige Konzentrationen von Roundup erhöhte embryonale Defekte bei
Fröschen verursachte, beim obersten Gericht eine Petition für eine
sechsmonatige Verkaufssperre eingebracht haben. Schließlich ist eine
Gesundheitsgefährdung von Menschen nicht auszuschließen. Medizinische
Erhebungen in Gebieten, die im Einzugsbereich von GVO-Sojafeldern liegen,
lassen einen Zusammenhang mit erhöhten Missbildungen nicht ausschließen.
Antonio Andrioli - ein wissenschaftlicher Partner für die gentechnikfreie Futtermittelerzeugung und die kleinbäuerliche Landwirtschaft jenseits des Atlantiks!
Eine
Offensive für eine gentechnikfreie Lebens- und Futtermittelproduktion in
Österreich ist ein Gebot der Stunde - neue Gentechnik-Studien belegen die
Gefahren für die Gesundheit
"Die im Jänner 2009 vorgelegte französische Studie,
durchgeführt an der Universität Caen belegt, dass die Rückstände eines
Glyphosat-Herbizids, das bei den meisten auf dem Markt befindlichen
Gentechnik-Lebens- und Futtermitteln nachweisbar ist, menschlichen Zellen
schaden können. Dies muss zum Anlass genommen werden, Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit
zu treffen und die Risikoforschung im Bereich der Agro-Gentechnik zu
verstärken", fordert der Landwirtschaftssprecher der Grünen Wolfgang
Pirklhuber .
Unter dem Handelsnamen "Roundup" vertreibt der Chemiekonzern
Monsanto das Total-herbizid. Das französische ForscherInnen-Team um Prof. Eric
Seralini untersuchte die Wirkung von vier Herbiziden in der Zusammensetzung des
Monsanto-Produktes auf unterschiedliche menschliche Zellgruppen (Ergebnisse
siehe www.criigen.org). Trotz einer 100.000-fachen
Verdünnung führte der Einsatz zu einem völligen Zellsterben innerhalb von 24
Stunden, er blockierte die Zellatmung und verursachte DNA-Schäden. Rückstände
in dieser Konzentration sind nach EU-Gesetzgebung aber für Lebens- und
Futtermittel erlaubt.
Österreichische Langzeitstudie zeigte ebenfalls Auswirkungen
auf die Reproduktionsrate bei einem Fütterungsversuch mit GVO-Mais
Die im November 2008 in der AGES-Akademie präsentierte Langzeitstudie zum
Einsatz eines Gentechnikmaises der in der EU bereits als Futtermittel
zugelassen ist, zeigt wie gefährlich dieser Mais ist, da er bei den
Versuchstieren (Mäusen) auf die Fruchtbarkeit und Reproduktionsrate einen
statistisch signifikanten negativen Einfluss hat.
Die bisherige Einschätzung der Grünen, dass die
gentechnikfreie Fütterung zu einem Grundstandard in der österreichischen
Lebensmittelwirtschaft werden muss, erhält auch durch diese Studie starken
Rückenwind. Der österreichische Forschungsansatz dieser Studie sollte im Sinne
des Vorsorgeprinzips zum Grundstandard werden für die Bewertung von
Gentechnikpflanzen, die als Futtermittel auf europäischer Ebene Verwendung
finden. Eine europäische Risiko- und Sicherheitsbewertung bei
Gentechnikpflanzen muss auf neue Beine gestellt werden.
Nächste
EU-Kommission muss Gentechnik-Futtermittel-Position radikal ändern
Der
hochrangige Agrarexperte der EU-Kommission Russell Mildon hatte sogar in
Aussicht gestellt, „das eklatante Proteinversorgungsproblem der Viehwirtschaft
in der EU durch raschere Zulassungen der Inverkehrbringung von
GVO-Futtermittelimporten entschärfen zu wollen". Offenbar soll damit ein Signal
an die Futtermittelexporteure USA, Brasilien und Argentinien gegeben und das
Tor zur Gentechnik in der EU geöffnet werden. Laut American Soybean Association
(ASA) waren in den USA im Jahr 2007 95 Prozent der Sojaernte, in Argentinien 99
Prozent und in Brasilien mehr als 60 Prozent der Sojaernte aus dem Anbau von
gentechnisch veränderten Sorten. Daher fordert die ASA im Gleichklang mit der
EU-Futtermittelindustrie FEFAC neben schnelleren Zulassungsverfahren in der EU
auch die Anhebung der Toleranzgrenze für unbeabsichtigte Verunreinigungen. „2%
wären gerade praktikabel mit viel Aufwand, 5% wären realistisch", so die
Vertreter der US-Sojaproduzenten.
Grüne
Forderungen für eine Weiterentwicklung der gentechnikfreien Produktion in
Europa:
Der
massive Ausbau der gentechnikfreien Fütterung ist ebenso ein Gebot der Stunde
wie eine Informations- und Vermarktungsoffensive für gentechnikfreie Futter-
und Lebensmittel. In Österreich wurde insbesondere im Futtermittelhandel
bereits ein Know-how entwickelt, gentechnikfreies Futter zu beschaffen, da
einige - auch größere - österreichische Futtermittelhändler die Chancen einer
gentechnikfreien Produktion erkannt haben. Jetzt geht es darum, diese
Bemühungen durch entsprechende Rahmenbedingungen zu unterstützen.
Grüne Forderungen:
-
Auch
Produkte von Tieren kennzeichnen, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln
gefüttert wurden.
-
Maßnahmen
starten für ein EU - weites ausreichendes Angebot von gentechnikfreien
Futtermitteln
-
Aufbau
einer europaweiten Logistik gentechnikfrei erzeugter Futtermitteln.
Und in Österreich zusätzlich und sofort:
-
Als
Kriterium für die Kennzeichnung von AMA - Produkten den Verzicht auf
gentechnisch verändertes Futter festschreiben.
-
Ausbau
der kritischen Vorsorgeforschung für gentechnikfreie Lebens- und Futtermittel