19.54.52
Abgeordneter
Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Das werde ich Ihnen gleich
erläutern, Herr Kollege. Ich werde aus unserem Antrag vorlesen - es fand
in Graz vom 25. bis 27. März 2010 eine europäische Initiative,
nämlich ein 5. Europäisches Saatguttreffen statt, und die Grazer Erklärung
„Freiheit für Vielfalt!" hat Folgendes gefordert:
„Jeder Mensch hat das Recht, frei von Hunger zu sein und
sich angemessen zu ernähren. Dieses Menschenrecht umfasst auch den Zugang zu
produktiven Ressourcen, insbesondere Saatgut. Ernährungssouveränität ist
langfristig nur zu erreichen durch einen kulturell reichen ökologischen Anbau
von Nahrungsmitteln basierend auf lokal angepassten Sorten und der
gemeinschaftlichen Pflege und Entwicklung dieser Vielfalt." - Zitatende.
Der Sukkus dieses Antrages dieser Grazer Erklärung lautet:
Wir treten für die bäuerlichen Rechte ein, Saatgut aus eigener Ernte zu
gewinnen, zu züchten und weiterzugeben.
Wenn Sie, Herr Kollege Mayer, behaupten, das wäre jetzt
schon der Fall, dann muss ich Ihnen sagen, das ist etwas komplexer, ohne hier
einen langen Diskurs über die Pflanzenzucht und die internationalen Regelungen
des UPOV-Übereinkommens zu referieren. Aber ich will nur eines sagen: In
Österreich ist es bisher so, dass wir, bäuerlich gesehen, Saatgut im Nachbau
weiterverwenden und zwischen Bäuerinnen und Bauern austauschen und handeln. In
Deutschland gab es dazu massive Lizenzprozesse, und in Österreich ist es auch
nur möglich, weil wir eine starke bäuerliche Saatzucht noch haben. Das ist
richtig, das haben Sie richtig erwähnt.
Warum? - Weil das sind Genossenschaften, da sind die
Bauern Mitglieder, das sind keine Aktiengesellschaften. Gott sei Dank!, sage
ich, denn sonst landen wir bei "Monsanto" und bei den Beteiligungen und beim
Aufkauf sämtlicher Saatgut-Unternehmen durch die Chemieindustrie der globalen
Märkte. Es ist heute so, dass „Shell" einer der größten Besitzer von
Gerstensaatgut ist; dort sind wir hingekommen.
Diese kleinen Züchter - und das war die
Problematik -, die untereinander tauschen, das sind Vereine wie „Arche
Noah" und andere, hatten die Sorge, dass mit den neuen europäischen Regelungen
dieser Tausch zwischen den Bäuerinnen und Bauern nicht mehr möglich ist.
Da möchte ich dem Herrn Minister - vor allem seinem
Ministerium - danken, dass Sie auf diese Bedenken eingegangen sind und
diese Fragestellung wirklich gelöst werden konnte. Sie ist gelöst worden, und
darum verstehe ich auch nicht, warum Sie diesen Antrag ablehnen, KollegInnen
von SPÖ und ÖVP, das haben Sie nicht begründet. Herr Kollege Mayer, das
verstehe ich nicht.
Jetzt zu einem Punkt, der mir sehr am Herzen liegt und der
hoffentlich vielen von uns im Haus am Herzen liegt. Wenn man diese ökologische
Pflanzenzucht weiterbetreiben will und die biologische Vielfalt erhalten will,
brauchen wir die Bienen. Die Bienen sind jene Nutzinsekten, die für unsere
Kulturlandschaft unentbehrlich sind und unentbehrlich bleiben und daher
besonders geschützt werden müssen, um diese biologische Vielfalt zu erhalten.
Aus diesem Grund bringe ich einen Entschließungsantrag des
Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde, und zwar betreffend Verbot
der Anwendung von insektizid-gebeiztem Saatgut aus der Wirkstoffgruppe der
Neonicotinoide als Maßnahme gegen das Bienensterben ein.
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt-
und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, ein Verbot für die Anwendung von
bienenschädigenden Beizmitteln bei Saatgut aus der Wirkstoffgruppe der
Neonicotinoide umgehend in die Wege zu leiten und alternative Methoden zur
Reduktion des Schädlingsdrucks, wie zum Beispiel Einhaltung der Fruchtfolge
beim Maisanbau, zu fördern und zu forcieren.
*****
Meine Damen und Herren, dieser Antrag ist eine absolute
Notwendigkeit, wenn wir es ernst meinen mit einer ökologischen Ausrichtung der
Agrarpolitik, mit einer ökologischen Umsetzung von Zielen, die Sie gerade
vorher beschworen haben. Biologische Vielfalt, Weltmeister im Biolandbau, all
diese Dinge, wenn wir sie ernstnehmen, müssen wir auch diesem Antrag endlich
zum Durchbruch verhelfen.
Dafür plädiere ich heute hier im Parlament, weil es auch
unsere Nachbarstaaten bereits logischerweise gemacht haben. Slowenien hat
dieses Verbot ausgesprochen, Deutschland, Italien, ja sogar Frankreich. Und
wenn diese Staaten das Verbot aussprechen und wir auch plausible Ergebnisse
unseres Forschungsprojekts MELISSA haben, das, nur nebenbei gesagt, sogar durch
die Chemieindustrie mitfinanziert wird,
dann sollten wir endlich auch die Konsequenzen ziehen. Wenn Sie es, Herr
Minister, nicht schaffen, dieses Verbot auszusprechen, dann sind wir hier im
Haus stark genug, diese Entscheidung herbeizuführen.
Ich ersuche die Kolleginnen und Kollegen, vor allem jene von
der SPÖ, die sich auch immer wieder ganz klar auf diese Seite gestellt haben,
sich einen Ruck zu geben, um diesem Antrag eine Chance zu geben, damit wir
endlich die notwendige Mehrheit im Parlament erreichen können. - Danke. (Beifall
bei den Grünen.)
19.59
†Präsident Mag. Dr. Martin Graf|: Der soeben eingebrachte
Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.
Der Antrag hat
folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Pirklhuber, Freundinnen und Freunde betreffend Verbot der Anwendung von
insektizid-gebeiztem Saatgut aus der Wirkstoffgruppe der Neonicotinoide als
Maßnahme gegen das Bienensterben
eingebracht im Zuge
der Debatte über den Antrag 1413/A(E) der Abgeordneten Dipl. Ing. Dr. Wolfgang
Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zum Schutz und zur
Förderung einer ökologischen Pflanzenzucht
Die Bedeutung der
Bestäubung durch die Bienen ist für die landwirtschaftliche Produktion, für die
Pflanzenzucht aber auch für die Erhaltung der Biodiversität und für die
Nahrungsketten in Ökosystemen immens. Zum Schutz und zur Förderung einer ökologischen
Pflanzenzucht ist damit auch der Schutz der Bienen unabdingbar.
Schon seit Jahren
beobachten ImkerInnen in Österreich in den agrarisch intensiv genutzten
Gebieten zur Zeit der Maisaussaat massive Bienenverluste. Viele Flugbienen
kehren nicht heim und vor den Bienenkästen werden flugunfähige, verendete Tiere
gefunden. Zuletzt wurden im Juni 2010 dem Institut für Bienenkunde für den
Zeitraum zwischen Auswinterung und Berichtsstichtag aus 64 Imkereien
Vergiftungsverdachtsfälle gemeldet. Die betroffenen 80 Bienenstände verteilten
sich auf 5 Bundesländer. Im Jahr 2009 kam es zur Zeit der Maisaussaat bei 618
Bienenvölkern zu Schäden (erhöhter Bienentotenfall, akute Vergiftungssymptome,
Flugunfähigkeit, Krabbler, Bienengrüppchen im Gras vor den Fluglöchern, Zittern
etc.).
Eine Studie der AGES
mit der Bezeichnung „MELISSA" hat das Auftreten von Bienenverlusten in Mais-,
Kürbis- und Rapsanbaugebieten und möglicher Zusammenhänge mit Bienenkrankheiten
und dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln untersucht. Zwischenergebnisse
zeigen, was Imker bereits seit langem beklagen: Bienen werden durch insektizide
Beizmittel aus der Wirkstoffgruppe der Neonicotinoide geschädigt.
Während Deutschland,
Slowenien, Frankreich und Italien mit einem Verbot der bienengefährdenden
Beizmittel reagierten, werden in Österreich die Imkereien mit Maßnahmen
hingehalten, die keinen ausreichenden Schutz bieten. Auch eine verpflichtende
Einhaltung der Fruchtfolge, die beim Maisanbau eine massive Reduktion des
Schädlingsdrucks bewirken würde, ist nicht vorgeschrieben.
Die unterfertigten
Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle
beschließen:
Der Bundesminister für
Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, ein
Verbot für die Anwendung von bienenschädigenden Beizmitteln bei Saatgut aus der
Wirkstoffgruppe der Neonicotinoide umgehend in die Wege zu leiten und alternativen
Methoden zur Reduktion des Schädlingsdrucks, wie z.B. Einhaltung der
Fruchtfolge beim Maisanbau, zu fördern und zu forcieren.
*****
†Präsident Mag. Dr. Martin Graf|: Nächster Redner: Herr
Abgeordneter Huber. - Bitte.
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