IG-Milch-Demonstration Wien
29.04.2009
Event jetzt bewerten:Die Bäuerinnen und Bauern der IG-Milch demonstrieren in Wien für einen gerechten Milchpreis, gegen Preis- und Mengen-Dumping und für eine flexible Milch-Mengensteuerung!
Schluß mit dieser Agrarpolitik - sagen die Grünen Bäuerinnen und Bauern und unterstützen die Forderungen der IG-Milch!
Johanna Gerhalter (Grüne Milchbäuerin aus Sbg): "Appell an alle Verantwortliche der österreichischen Milchwirtschaft: Setzt sinnvolle Forderungen um, egal von welcher Seite sie kommen! Ziel muß die Erhaltung unserer Milchviehbetriebe sein - schon zu viele mußten gehen!"
Traktoren am Wiener Ring
IG-Milch Demo am Heldenplatz und vor dem Parlament
Bauern und Bäuerinnen sind mit ihren Traktoren und Kühen nach Wien
aufgebrochen, weil der Milchpreis schon jetzt ruinös ist und noch weiter sinken
wird. Ein Bauer aus Judenburg
ist auf seinem Traktor am Dienstag um
12h mit KollegInnen losgefahren - über den Semmering und irgendwo in der Nähe
von Wiener Neustadt haben sie übernachtet. Am Mittwoch waren sie
rechtzeitig auf der Demo der IG-Milch um für einen gerechtere Milchpreise und
für "a faire Milch" zu demonstrieren. Neben Wien haben
in mehr als zehn europäischen Ländern tausende MilcherzeugerInnen für faire
Milchpreise protestiert. Ernst
Halbmayr und Ewald Grünzweil, IG-Milch-Vorstandssprecher: „Für die Bezahlung der bäuerlichen Arbeit bleibt bei
Milchpreisen von 25 Cent nichts mehr übrig. Die Familien haben faktisch kein
Einkommen mehr aus der Milch."
Flexible Mengenregulierung
Mit dem gemeinsamen Slogan "Eine
flexible Mengenregulierung für faire Milchpreise" forderten sie die Agrar-Politiker aller Parteien auf, folgende Rahmenbedingungen zu setzen:
1. Die Anwendung der
Mengenregelung muss umgehend flexibilisiert werden; Maßstab für
Quotenanpassungen muss ein kostendeckender Milchpreis sein.
2. Hierzu sind Quotenreserven zu
schaffen, welche je nach Bedarf zur Produktion freigegeben werden können.
Voraussetzung ist eine wirksame Einschränkung der Landessaldierung in allen
EU-Ländern.
3. Um Quoten aus der Produktion
zu nehmen, ist das Instrument des vorübergehenden Herausleasings von Quoten
durch die EU umgehend einzuführen.
4. Die im November 2008
beschlossenen Quotenerhöhungen in Höhe von 5 x 1% dürfen ebenfalls nur nach
Bedarf zur Produktion freigegeben werden.
5. Der Fettkorrekturfaktor ist
auf bisherigem Stand (0,18) zu belassen.
6. Es muss eine Rechtsgrundlage
geschaffen werden, die die EU-weite Einführung von erzeugerfinanzierten Umlagen
ermöglicht.
7. Überschüssige Produkte
sollten einmalig heraus gekauft und marktunschädlich verwendet werden, um den
Markt zu entlasten und damit den Auszahlungspreis so möglichst schnell
anzuheben.
Bauernbund
verweigert sich den DemonstrantInnen
Das war
die größte Bäuerinnen- und Bauerndemo der zweiten Republik, die von der Basis
organisiert wurde. Das haben Wien und die Bundesregierung und das Parlament noch
nie gesehen, dass so viele Bäuerinnen und Bauern aufgestanden und losgezogen
sind - aus allen Teilen Österreichs, um eine Änderung der Politik zu fordern. Natürlich bin ich als Agrarsprecher auch vom Beginn an dabei; echt eindrucksvoll fahren die Traktoren den Ring entlang und kommen direkt vor das Parlament. Im Gespräch mit einigen IG-Milchbauern empfehle ich ihnen mit der Bühne direkt vor die "Pallas Athene", die neben dem Parlamentsbrunnen steht zu fahren.
Die ersten Reden werden gehalten. Die IG-Milch-Vertreter erzählen über positive Reaktionen der Wiener Bevölkerung, die offensichtlich Verständnis für die Anliegen der Bäuerinnen und Bauern hat. Inzwischen sind auch Ewald Grünzweil und Ernst Halbmayr bei der Bühne angelangt. Sie erklären, dass jetzt die Petition des "european milkboards" an die Parlamentspräsidentin Barbara Prammer persönlich übergeben wird. Zuerst ist unklar, ob alle AgrarvertreterInnen mitgehen sollen. Dann kommt die Nachricht, dass Bauernbundpräsident Grillitsch bereits bei Präsidentin Prammer auf die Delegation wartet. Selbstverständlich schließen wir uns an und begleiten die IG-Milch-VertreterInnen ins Hohe Haus hinein.
im Bild NR-Präs. Prammer, die Agrarsprecher Pirklhuber, Gassner, Jannach und Huber und die VertreterInnen der IG-Milch (Ernst Halbmayr, Ewald Grünzweil, u.a.)
Im Gespräch mit Präsidentin Barbara Prammer vereinbaren wir auf meinen Vorschlag hin die Petition auch geschäftsordnungsgemäß mit einem schriftlichen Begleitschreiben aller Agrarsprecher in den nächsten Tagen einzubringen, damit diese ausführlich im Petitions- und Landwirtschaftsausschuss behandelt werden kann.
Wie ausgemacht wollen wir nun wieder vors Parlament zu den wartenden Bäuerinnen und Bauern gehen und unsere Ansprachen zu Möglichkeiten der Reform der Milchmarktordnung machen. Kollege Grillitsch weigert sich mit der Bemerkung, dass soeben H.C. Strache von der Bühne herab reden würde (auch ich finde es nicht korrekt, dass die FPÖ die Vereinbarung nicht einhält, nämlich dass alle Agrarsprecher zu Wort kommen sollen, allerdings finde ich die Begründung von Grillitsch mindestens ebenso unverständlich)
Die Bäuerinnen und Bauern sind natürlich erschüttert, dass weder der Landwirtschaftsminister noch die Spitze des Bauernbundes sich bereit erklärte, ihre Forderungen entgegenzunehmen oder mit den Bäuerinnen und Bauern zu reden. Johanna Gerhalter, selbst Milchbäuerin im Flachgau fordert: „Es ist Zeit für ÖVP-Landwirtschaftpolitiker Farbe zu bekennen: Wie viele und welche Milchvieh-Betriebe wollen sie. Dafür sind die Forderungen der IG Milch sachlich zu diskutieren. Es soll endlich wieder Politik für die Milchbauern und -bäuerinnen gemacht werden, und nicht für die Milchindustrie.
Die Agrarsprecher aller Parteien außer dem Bauernbund halten dann vor den versammelten Bäuerinnen eine kurze Ansprache und solidarisierten sich mit den Anliegen der IG-Milch.Eigentlich will ich ja schnell ins Büro gehen und sofort eine unterstützende Presseaussendung schreiben, aber ich entschließe mich doch bis zum Landwirtschaftsministerium mitzufahren und die Delegation dort Vor-Ort bestmöglich zu unterstützen.
Selbstverständlich greifen wir Grünen die IG-Milch-Petition auf und fordern in einem parlamentarischen Entschließungsantrag statt der Quotenerhöhung das Instrument der flexiblen Mengesteuerung einzuführen. Angebot und Nachfrage muss ausbalanciert werden. Das System der Saldierung muss mit sofortiger Wirkung beendet werden, um zu verhindern, dass Überlieferungen der nationalen Quote stattfinden.
Gemäß dem Leitbild einer flächengebundenen Milchproduktion müssen den Grünland-Bäuerinnen und Bauern auch nach 2015 Lieferrechte für die Milchproduktion garantiert werden. Die Milchbäuerinnen und -Bauern leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Erhaltung der Kulturlandschaft, zur ländlichen Wertschöpfung und Arbeitsplatzsicherung in den Regionen.