Blauzungenkrankheit - Mehrstufiges Vorsorgemodell entwickeln!
22.12.2008
Event jetzt bewerten:Mehrstufiges Vorsorgeprogramm statt „Pflichtimpfung“ - Vorbeugungsmaßnahmen gegen Blauzungenkrankheit in Österreich praxisgerecht adaptieren!
In einem persönlichen Schreiben fordere ich die oberösterreichische Landesrätin Sylvia Stöger, die als Veterinärbehörde zuständig ist und den oberösterreichischen Agrarlandesrat Josef Stockinger auf sich für Straffreiheit bei Nicht-Impfen einzusetzen (siehe Schreiben ganz unten als Download!)
Ein
mehrstufiges Vorsorge- und Impfprogramm auf Basis von Freiwilligkeit und
Risikobeurteilung ist umgehend auszuarbeiten. Die aktuelle Pflichtimpfung
sollte solange ausgesetzt werden. Bäuerinnen und Bauern, die die Impfung aus
Tierschutz- und Managment-Gründen verweigern ist Straffreiheit zu gewähren. Anlässlich
zahlreicher offener Fragestellungen und massiver Informationsdefizite durch die
Landesveterinärbehörden und die bäuerliche Interessensvertretung ist dies ein Gebot der Stunde.
Die
EU-Verordnung 1266/2007 hinsichtlich der Bekämpfung, Überwachung und
Beobachtung der Blauzungenkrankheit sieht keinen automatischen Impfzwang vor,
sondern ermöglicht ein Bündel von Maßnahmen zur Risikominimierung.
Bundesminister Alois Stöger hat trotzdem mit 15. Dezember eine
österreichweit flächendeckende Pflichtimpfung gegen die Blauzungenkrankheit verordnet. Andererseits sind bestimmte Tierkategorien sowieso davon ausgenommen.
Nämlich Maststiere und -ochsen in Boxen, Test- und Besamungsstiere,
Beobachtungs-(„Sentinel-„)tiere, Tiere die bis zum Frühjahr geschlachtet
werden.
Noch
im Frühjahr dieses Jahres wurde auf Kritik an Schlachttiertransporten aus
Blauzungen-Gebieten Tschechiens mit Unverständnis und Polemik von Seiten der
oberösterreichischen AgrarvertreterInnen reagiert. Die KonsumentInnen würden dadurch
verunsichert hieß es damals.
Bisher
waren nur in Vorarlberg und Tirol Impf-Maßnahmen gegen das Blauzungenvirus Sereotyp
8 ergriffen worden. Grund dafür war das starke Auftreten dieses Krankheitstyps
im Baden-Würtembergisch-Bayrischen Raum, womit Tirol und Vorarlberg zu Schutz-
und Kontrollzonen wurden. Am 4. November 2008 wurde auch in Oberösterreich bei
einem Rind im Bezirk Schärding das Blauzungenvirus festgestellt. Das Tier
zeigte allerdings keine akuten Symptome, wurde aber dennoch umgehend
geschlachtet. Im Rahmen des regionalen Monitorings sind inzwischen einige weitere positive Fälle, ebenfalls ohne akute Symptome
erkannt worden.
Martin Tragler eröffnet am 19. Dezember im Gasthaus Wahlmüller/Sattledt, OÖ. die Diskussion mit dem Landesveterinär-Direktor Wampl über die Impf-Problematik aus Sicht der Biobäuerinnen und Biobauern!
Direktor Wampl erläutert mit KollegInnen die Problematik aus Sicht des Gesundheitsministeriums, welches aufgrund des Auftretens in OÖ per
Verordnung Nr. 396 vom 18. November 2008 die
verpflichtende Impfung angeordnet hat.
„Erfahrungsberichte
von Bäuerinnen und Bauern aus der Schweiz und Deutschland zeigen aber, dass es
mehr Impf-Unverträglichkeit bei den Tieren gibt als offiziell bisher zugegeben.
Es bestehen Zweifel, dass mit dieser Impfverordnung das Ziel, den Virus
auszurotten, tatsächlich erreicht werden kann, da es inzwischen bereits 24
verschiedene Typen des Blauzungenvirus gibt", kritisiert Josef Ortner, Biobauer und ehemaliger Bundesobmann des Bioverbandes.
Bild-Mitte: Josef Ortner, Biobauer aus Ranshofen, OÖ.
Die Grünen Bäuerinnen und Bauern fordern daher einen praxis- und
marktgerechten Stufenplan für Maßnahmen gegen die Blauzungenkrankheit:
- Informationsoffensive für Bäuerinnen und Bauern, TierärztInnen und
KonsumentInnen: Aufklärung über Risiken und Darstellung der Probleme
- Einengung der Sperrzonen auf das unbedingt notwendige Ausmaß gemäß
EU-Vorgaben und strikte Tiertransportkontrollen
- Impfung oder alternative Testung mittels Erreger-Identifizierungstest nur
dort, wo es unbedingt erforderlich ist - zB. bei beabsichtigter Verbringung von
Rindern, Schafen und Ziegen in andere EU-Mitgliedsstaaten
- Außerhalb von Schutzzonen verstärktes Monitoring und Ausweisung saisonal
vektorfreier Zonen und Zeiträume (in denen keine Infektion möglich ist).
- Lückenlose Erfassung aller Impfschäden und vollständige Entschädigung der Landwirte
Information zur
Bluetongue/Blauzungenkrankheit
1. Allgemeines
Die
Blauzungenkrankheit (Bluetongue) ist eine Viruserkrankung der Rinder, Schafe
und Ziegen und wildlebender Wiederkäuer, verursacht durch das Bluetongue
(BT)-Virus (Familie der Reoviren, Genus Orbivirus), das mit mindestens 24
Serotypen vorkommt.
Diese
in der OIE-Liste als ehemalige Liste A-Krankheit angeführte Krankheit trat in
Europa bisher im mediterranen Raum, vor allem in Portugal, Spanien Italien und
Griechenland auf (Serotypen 1, 2, 4, 9 und 16). Erklärt wurde die geographische
Verbreitung damit, dass die für die Übertragung notwendigen Insekten (Culex
imicula) in diesen Gebieten verbreitet sind.
BT
verläuft hauptsächlich akut und ist saisongebunden. Die Erkrankung wird durch
Stechmücken übertragen (d.h. nicht von Säugetier zu Säugetier direkt übertragbar)
und ist charakterisiert durch Fieber und Zirkulationsstörungen, die zu
Hyperämien der oralen und nasalen Schleimhäute, Lippenödemen,
Klauenentzündungen, Aborte und Veränderungen der Skelettmuskulatur führen.
Die
wirtschaftlichen Verluste in der Schafhaltung sind durch hohe Morbidität und
wechselnde Letalität sowie durch Qualitätsminderung bei Fleisch und Wolle
bedingt.
Unter
natürlichen Bedingungen erfolgt die Übertragung des BT-Virus hauptsächlich
durch Stechmücken (Culicoides). Das saisonale Auftreten der Erkrankung hängt
eng mit der Flugzeit der Culex-Mücken zusammen. Infizierte Mücken können mit
dem Wind über Entfernungen bis zu 200 km verbreitet werden. Das Virus kann bis
zu 28 Tage in den Mücken und bis ca. 60 Tage in den Schafen persistieren.
Die
Inkubationszeit beträgt beim Schaf etwa 3-7 Tage. Es werden unterschiedliche
Verlaufsformen (abortiv, akut, subakut) beobachtet, wobei alle mit Temperatur-erhöhung
auf 40-42 Grad C beginnen. Gegen die BT gibt es eine typenspezifische Impfung.
Bei Auftreten neuer Serotypen kann es auch bei geimpften Tieren zu Ausbrüchen
kommen. Bluetongue gehört zu den anzeigepflichtigen Tierseuchen. Der Mensch ist
durch das BT-Virus nicht gefährdet.
2. Situation in der EU
In
den Niederlanden (im Süden, nahe der Grenze zu Belgien und Deutschland) ist am
17. August 2006 erstmals in Mittel-/Nordeuropa der Verdacht auf Bluetongue ausgesprochen
worden (Bestätigung am 18.08.06). Bei geringer Mortalität sind klinische
Symptome festgestellt worden. Das Gemeinschaftsreferenzlabor hat mittels PCR
Bluetongue festgestellt. Es
ist bislang noch ungeklärt, wie der nachgewiesene Serotyp 8 (kommt hauptsächlich
in S-Afrika vor) in die Mittel- und Nordeuropäischen Staaten gelangen konnte. Die
Bluetongue (Serotyp 8) tritt 2006 erstmals in folgenden Ländern auf: Deutschland
(885), Niederlande (456), Belgien (695), Luxemburg (5) und Frankreich (6
Fälle).
Im
milden Winter 2006/2007 kommt die Seuche nicht zum Erliegen und ab August 2007
ist ein rasantes Ansteigen der Fälle zu verzeichnen. Im Unterschied zu 2006
sind die Erkrankungsrate höher und die klinischen Erscheinungen schwerer.
Seit
September 2007 hat auch das Vereinigte Königreich von Ausbrüchen von Bluetongue
zu verzeichnen. Insgesamt sind in den betroffenen EUMitgliedstaaten allein im
Jahr 2007 ca. 25.000 Bluetongue-Fälle bekannt. Da Schutz- und Überwachungszonen
in großem Umfang (Radius der Schutzzone 100 km und der Überwachungszone 150 km)
angelegt werden müssen, und in diesen Zonen der Tierverkehr nur eingeschränkt
möglich ist, sind mit dem Auftreten dieser Tierseuche große wirtschaftliche
Verluste verbunden.