Grüner Agrarsprecher für Ernährungssicherheit vor Biosprit
"Biorohstoffe sind genauso begrenzt wie Erdöl"
Die Grünen fordern mehr nachhaltige Kreislaufwirtschaft beim Anbau und der Verwendung heimischer Agrarprodukte. Die Biokraftstoff-Produktion dürfe nicht vor der Nahrungsmittelversorgung stehen, forderte der Grüne Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber am Mittwoch in Wien. Zudem könne der Biomasse-Aktionsplan von Landwirtschaftsminister Josef Pröll durch heimische Anbauflächen nicht gedeckt werden. Das hätte Zukäufe von Biorohstoffen aus dem Ausland zur Folge und damit eine neuerliche Energieabhängigkeit.
"Anbauflächen für Biorohstoffe sind genauso begrenzt wie Erdöl", erklärte der Grüne Landwirtschaftsexperte. Österreich besitze umgerechnet Anbauflächen für maximal 20 Prozent der Rohstoffversorgung zur Herstellung alternativer Kraftstoffe. Mehr seien dafür nicht verfügbar. Das aktuelle Regierungsprogramm sieht eine Erhöhung des Anteils an Biosprit bis zum Jahr 2020 auf 20 Prozent vor.
Für Pirklhuber ist dies eine fragwürdige Angelegenheit, solange die Rohstoffversorgung nicht nachhaltig aus der eigenen Produktion gesichert werden kann. Die Konsequenz wären Zukäufe von Biomasse aus dem Ausland, was zu einer weiteren Energieabhängigkeit führe. Die Bio-Rohstoffe wären zudem möglicherweise gentechnisch verunreinigt, abgesehen von den anfallenden Transportkosten, so der Nationalratsabgeordnete und Landwirt.
Die Gentechnikfreiheit ist nach Ansicht des Grünen Landwirtschaftssprechers aber auch das Kapital der heimischen Landwirtschaft. Dadurch sei eine Flexibilität möglich, je nach Bedarf für die Nahrungsmittelindustrie oder eben für die Treibstoff-Industrie zu produzieren. Damit sei die vorrangige Frage neben der Nutzung des agrarischen Rohstoffes auch das "Wie" der Herstellung - ob gentechnisch verändertes Saatgut Verwendung findet oder etwa Pestizide beim Anbau eingesetzt werden.
Pirklhuber fordert, keine Gentechnik-Pflanzen für die Biokraftstoffproduktion einzusetzen. Steuervergünstigungen müssten zudem stärker regional verteilt werden und dezentrale Organisationsformen der Bauern fördern. Eine nachhaltige und regionale Agrar-Produktion mit einem begrenzten Volumen müsse die Prämisse sein. Als Best-Practice-Beispiel führte er einen Energie-autarken Bauernhof im niederösterreichischen Streitdorf an. Dessen Besitzer, Wolfgang Löser, hat dort durch einen Mix aus erneuerbaren Energien und der Herstellung von Biotreibstoffen eine relative Energieautonomie entwickelt.
Zudem müsse es auch eine Priorität für Ernährungssicherheit vor der Biotreibstoff-Nachfrage geben, sagte Pirklhuber in Anlehnung an den Tortilla-Streit zwischen den USA und Mexiko. Die Verwendung von US-Mais für die Biokraftstoff-Produktion hat die Maispreise in Mexiko massiv nach oben schnellen lassen, da die mexikanischen Maisbauern vor der US-Entscheidung ihre eigenen Anbauflächen zu Gunsten des billigen US-Maises zurückgefahren hatten. Tortillas sind die Nahrungsbasis vieler Speisen und vor allem für die arme Bevölkerung Mexikos von unabdingbarer Notwendigkeit.
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