Chemieindustrie zahlt Bauernbund!
28.05.2012
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Zu den detaillierten Fakten siehe unten!
Die Einfluss-Sphäre des ÖVP-Bauernbundes ist breit und vielschichtig und dies ist hinlänglich bekannt. Wer jedoch aller diesen finanziert schon viel weniger!
Erstes Beispiel: Förder-Gerechtigkeit Marke Bauernbund?
Gerade in Zeiten des Sparens stehen die Zeichen auf Sturm. Der österreichische Landwirtschaftsminister verkündet dass er bei den Strukturen und der Bürokratie im eigenen Haus sparen wolle und nicht bei den bäuerlichen Betrieben. Gut so, werden sich viele Bäuerinnen und Bauern denken, denen ohnehin das Wasser oft schon deutlich bis zum Hals steht. Dass aber auch die Vergabe der Ausgleichszahlungen gerechter verteilt gehört, dazu hört man keinen Muks aus dem Mund der Bauernbund-Herren! Verstehen läßt sich dieses Schweigen sehr gut, denn ihre Vorstellung von Gerechtigkeit offenbart sich augenscheinlich, wenn man sich die Verteilung der Fördermittel auf die politisch aktiven bäuerlichen Interessensgruppen ansieht (Tabelle).
Von den insgesamt im Jahr 2011 ausbezahlten Mitteln von 1,423 Mill € erhielten Bauernbund-Organisationen fast 90 % aller Fördermittel. Die gesamte Agraropposition gerade mal 17 750 € oder 1,24 %, wenn man die SPÖ-Bauern noch dazurechnet sind es auch nur 4,2 % der Mittel. Der unabhängige Bauernverband, immerhin vertreten in mehreren Landwirtschaftskammern gar 0 %.
zusammengestellt gemäß parlamentarischer Anfragebeantwortung durch Minister Berlakovich vom 18. Jänner 2012
Jetzt wird es vielleicht Leserinnen und Leser geben, die dies für übertrieben halten. Aber sehen wir doch einfach genau hin: Außer dem Freilichtmuseum Stübing und den politisch eindeutig zuordenbaren Organisationen, handelt es sich fast ausschließlich um Vorfeldorganisationen von Bauernbund und Raiffeisen. Hinter der ARGE ländlicher Raum steht Dr. Sixtus Lanner, ehemaliger Bauernbunddirektor und Generalsekretär der ÖVP. Das Forum Land ist eine Bauernbund-Tochter, unterstützt von Raiffeisen-Generalanwalt Konrad und RWA-Chef Klaus Buchleitner. Das Ökosoziale Forum ist Tummelplatz für hochrangige ehemalige und amtierende Bauernbundpolitiker - unter dem Präsidenten Landesrat Pernkopf (NÖ) und einer großen Zahl von Vizepräsidenten, wie Kammerpräsident Gerhard Wlodkowski und natürlich wieder Generalanwalt Konrad uvm.
Also wegsehen ist hier nicht angesagt! Gerade jene, die es am wenigsten benötigen bekommen die meisten Fördermittel für Information und Öffentlichkeitsarbeit. Gerade so ist es ja auch in der gesamten Landwirtschaft! Mit vollen Kassen lässt sich eben schön Politik machen!
Um Mißverständnissen vorzubeugen: Ich behaupte nicht, dass in all diesen Organisationen unfähige und engstirnige MitarbeiterInnen am Werk sind und anerkenne durchaus auch, dass das eine oder andere Projekt auch über den Tellerrand des Bauernbund-Biotops hinauszureichen vermag. Aber gerecht ist dieses System mit Sicherheit nicht!
Zweites Beispiel - die österreichische Presseförderung:
Sämtliche hier dargestellte Daten sind auf der Homepage der österreichischen Rundfunk & Telekom Regulierungs GmbH zu finden. Die Förderungen für Wochenzeitungen werden gemäß österreichischem Presseförderungsgesetz 2004 vergeben. Im diesem Gesetz heißt es unter anderem bei den allgemeinen Förderungsvoraussetzungen:
§ 2. (1) Fördermittel sind nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes und der im Bundesfinanzgesetz vorgesehenen Mittel Verlegern von Tages- oder Wochenzeitungen auf deren Verlangen zu gewähren, sofern von der periodischen Druckschriftfolgende Voraussetzungen erfüllt sind:
1. Tages- und Wochenzeitungen müssen auf Grund ihres Inhaltes über den Kreis der reinen Fachpresse hinausreichen sowie vorwiegend der politischen, allgemein wirtschaftlichen und kulturellen Information und Meinungsbildung dienen und dürfen weder Kundenzeitschriften noch Presseorgane von Interessenvertretungen sein. Der redaktionelle Teil der Tages- und Wochenzeitungen muss überwiegend aus eigenständig gestalteten Beiträgen bestehen.
Gerade die Tatsache, dass der Bauernbund als nicht gerade kleine Organisation für die Herausgabe der eigenen Medien diverse Verlagsgesellschaften gegründet hat, liegt ja auf der Hand. Damit ist er als Interessensorganisation nur mehr indirekt Herausgeber! Weiters sind ja die Adressaten - nämlich die Bäuerinnen und Bauern - direkte KundInnen - zumindestens was die Raiffeisenzeitung betrifft. Die Auslegung und Interpretation dieses Gesetzes wird durch die Presseförderungskommission (7 Mitglieder, je zwei VertreterInnen des Bundeskanzleramtes, der ZeitungsherausgeberInnen und der Journalisten-Gewerkschaften, diese wählen sich einen Vorsitzenden) durchgeführt. Die jahrelange Vollzugspraxis ist was die vorliegenden Publikationen und andere parteinahe Blätter betrifft eindeutig zum Vorteil von ÖVP & Raiffeisen. In Summe der letzten vier Jahre haben die ÖVP-nahen Bauernzeitungen 1 Mio € alleine an Presse-Förderungen erhalten (hier die Jahre 2008 und 2011 als Beispiel). Mit diesem Förderkuchen ist der Bauernbund alleine auf weiter Flur:
Presseförderung im Jahr 2008
In Summe für das Jahr 2008: 257.443,10
Presseförderung im Jahr 2011
In Summe für das Jahr 2011: 249.715,20
3. Beispiel:Chemieindustrie zahlt Inserate in Bauernbund-Medien
Die Bauernbund-Zeitung ist unter den österreichischen Agrarzeitungen jene mit den meisten Pestizid-Werbungen. Zum Beispiel haben im Jahr 2010 alle führenden Pestizid-Hersteller und Vertreiber in Österreich in der Bauernzeitung inseriert. Die Gesamtzahl der Inserate betrug mehr als 100 und füllt zusammengenommen etwa 26 große A3-Seiten.Das Inseratenvolumen ist beträchtlich und lag vorsichtig geschätzt im Jahr 2010 bei etwa 400 000 €.
Die Haltung des Bauernbundes in Sachen Pestizid-Verbote ist hinlänglich bekannt - Beispiele gibt es zahlreiche. Wird von Agrarökologen oder NGO-VertreterInnen das Verbot eines Pestizides auf Grund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse gefordert, häufig im Sinne des Vorsorgeprinzips, um mögliche Gefährdungen und Schäden vor Natur und Menschen hintanzuhalten, kann man davon ausgehen, dass der Bauernbund auf der Bremse steht. Die letzten Jahre galten sogar Gleichstellungsverordnungen für im Ausland (D, NL) zugelassene Pestizide, die damit automatisch verwendet werden konnten. Der Bauernbund hat sich zB. gegen das Verbot des Einsatzes des Antibiotikums Streptomycin bei Feuerbrand im Obstbau ausgesprochen, obwohl es ein alternatives biologisches Präparat aus Österreich gab. Derzeit verteidigt er z.B. die Pestizide, die für die Maisbeize eingesetzt werden (Neonicotinoide), obwohl es fast rund um Österreich verboten ist und die Bienen-Studie "Melissa" der AGES ebenfalls die Bienenschäden, trotz zusätzlicher Vorschriften, klar dokumentierte.
Wie stark dieses hohe Inserate-Volumen mit der politischen Haltung der einzelnen Bauernbund-Funktionäre in Sache Pestizide korreliert entzieht sich meiner Kenntnis. Es ist auf jeden Fall augenscheinlich, dass die Chemieindustrie zu den wahren Freunden der ÖVP-Agrarier zählt!
Hier nun ein kleiner Ausschnitt aus der Fülle der Pestizid-Werbungen:
Bereits im Jänner 2010 wird eingeladen - die einen verkaufen das Saatgut (Pioneer) die anderen (Bayer Crop Science) die Pestizide dazu. Was ist logischer als das gleich gemeinsam angehen und entsprechend in der Bauernzeitung bewerben! Es gibt ja nicht nur Werbeinserate, sondern auch zahlreiche inhaltliche Anzeigen oder Firmeninformationen, wie hier betreffend Kraut- und Knollenfäule bei der Kartoffel oder die Info zu einem neuen Pilzbekämpfungsmittel im Getreidebau. Nicht immer aber sind Werbungen so klar gekennzeichnet. Bei den mehrseitigen Beiträgen der Firma BASF, die in der üblichen Blatt-Linie gestaltet sind, muss man schon auf das echt Kleingedruckte schauen:
Top-Info ist eine entgeltliche Einschaltung. Für den Inhalt verantwortlich: Firma BASF....
Einige der Klassiker der Firma Syngenta:
Vom Jänner bis zum Sommer eine ganz schön lange Liste. Jedes dieser Inserate war auf der ersten Seite plaziert!
Beispiele von Inseraten der Firma Bayer Crop Science:
Beispiele von Inseraten der Firma BASF:
Neben normalen Inseraten hat die Firma auch noch sogenannte Top-Informationen (Kleingedrucktes siehe oben!), die mehrseitig als "Fach-Beitrag" gestylt sind (hier 2 Seiten einer 4-seitigen Beilage):
Beispiele von Inseraten der Firma Kwizda:
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