Sitzung: 25. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 179. Sitzung am 16.5.2017
Vereinbarung gem. Art. 15a B-VG über d. Verwaltungs- u. Kontrollsystem in Österreich für die Durchführung der operationellen Programme "Investitionen in Wachstum und Beschäftigung" und "Europäische Territoriale Zusammenarbeit" Redezeit: 16.51 - 16.56.01
Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Staatssekretärin! Die Regionalpolitik ist tatsächlich eine Erfolgsgeschichte der Europäischen Union – Kollege Berlakovich hat das zu Recht hier angesprochen –, eine Erfolgsgeschichte, die leider oft gerade in Österreich viel zu wenig beleuchtet wird.
Warum ist das so, Frau Kollegin Lueger? – Sie haben ja einerseits auch sehr schön beschrieben, worum es geht, nämlich um eine Vereinheitlichung, um technische Abwicklung, um Kontrollsysteme, um Verwaltungsvereinfachungen, et cetera.
Das ist eine Artikel-15a-Vereinbarung, sprich, von der Bundesverfassung her hat der Bundesgesetzgeber keine Kompetenz, was die Regionalpolitik betrifft. Raumordnung ja, teilweise. Die ÖROK, die die Koordination seit Jahren und Jahrzehnten hat, ist halt beim Bundeskanzleramt angesiedelt. Und das ist gut so.
Aber – und das ist schade – dieses Parlament, Herr Kollege Berlakovich, hat eigentlich keinen einzigen Ausschuss, in dem Regionalpolitik vertiefend gemeinsam politisch diskutiert wird. Ich kenne das aus vielen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen EU-Mitgliedstaaten, in anderen Parlamenten gibt es sehr wohl Ausschüsse für Regionalpolitik. Ich habe es öfters erlebt, dass mich Kollegen gefragt haben: Aha, ihr habt gar keinen Ausschuss für Regionalpolitik?! – Völlige Überraschung. Da habe ich geantwortet: Leider, das ist bei uns so, weil das politisch von der Verfassung her so ist.
Werte Kolleginnen und Kollegen, da wäre es sehr wünschenswert, wenn wir mehr Berichte über die Regionalpolitik, wenn wir auch mehr Diskussion, Frau Staatssekretärin, hier ins Haus bekämen. Positive Signale für die Wirtschaft, für den ländlichen Raum – Kollege Berlakovich hat das zu Recht angesprochen, was die letzten Perioden betrifft, das hat eine Dynamik gebracht. Auch viele Technologiezentren sind zum Beispiel mit diesen Geldern implementiert worden. Viele neue Arbeitsplätze wurden geschaffen, viele innovative Kleinunternehmungen haben eine Chance bekommen und natürlich auch größere Betriebsansiedelungen.
Also diese Erfolgsgeschichte Europas wäre wirklich breiter zu erzählen. Ich möchte hier bemängeln, dass die Kennzeichnung solcher Projekte in Österreich immer sehr klein ist. Das EU-Emblem – die Kennzeichnungsvorschriften, die es gibt, die ja auch mit diesem Kontrollsystem überprüft werden müssen – ist bei Projekten in Österreich sehr klein, in Osteuropa oft überdimensioniert. Osteuropäische Länder haben es riesengroß dargestellt, wenn es ein EU-kofinanziertes Projekt war.
In Österreich haben unsere Landeshauptleute oft das Gefühl: Ja, das ist unser Geld, wir haben das praktisch hergeholt. – Das stimmt aber nur teilweise. Das sind europäische Programme, da gibt es natürlich länderweise auch Abteilungen, die sich damit beschäftigen, und in den Regionen Akteure – auch da wieder Regionalforen, Bürgermeisterinnen, Bürgermeister und auch die Zivilgesellschaft –, die aktiv an einer zukunftsfähigen regionalen Entwicklung teilnehmen.
Ich glaube, genau diese Strategie, Kollege Berlakovich, müsste man auch in einer reformierten Europäischen Union – diese Diskussion kommt jetzt, vor allem was die ökonomische Dynamik, die Weiterentwicklung betrifft – flächendeckend durchziehen, und das nicht nur unter dem Aspekt der Kohäsion. Jawohl, gleicher Wohlstand in allen Regionen, das muss ein Ziel bleiben. Da wäre ich dafür, gerade wenn wir uns die Entwicklung in Ungarn, in Osteuropa ansehen.
Ungarn ist leider ein schlechtes Beispiel – im Unterschied zum Burgenland. Dort gibt es viel zu wenig Regionalpolitik, viel zu starken Zentralismus. Leider führte das eben auch zu dieser durchaus schwierigen ökonomischen Situation Ungarns. Ich denke, da wären wir sehr, sehr gut aufgestellt, haben viel positive Erfahrung, und wir sollten diese in die Debatte einbringen.
Ein kleines Manko möchte ich schon erwähnen. Wir werden heute zustimmen, aber das Manko ist immer wieder die Frage des Begleitausschusses. Wer kontrolliert diese Programme? Wer sitzt derzeit im Begleitausschuss? Kolleginnen und Kollegen, das sind die Ministerien, die Ämter der Landesregierungen, die Sozialpartner, der Gemeindebund, der Städtebund, aber auch die Industriellenvereinigung. Aber wer sitzt nicht drinnen? Die Parteien dieses Hauses – wir, die wir die Kontrolle über die Exekutive haben, die wir eigentlich über EU-Gelder, die ausgegeben werden, haben müssten, sage ich ganz ehrlich. Das kann nicht einem Landtag überantwortet werden, denn die Programme sind österreichweit, jetzt koordiniert, vereinheitlicht.
Also ich glaube, da wäre es dringend notwendig, in einer Reformüberlegung auch den Parteien eine Stimme zu geben, nämlich dass sie auch im Begleitausschuss vertreten sind, und auch, dass es – zumindest in der Mitte der jeweiligen Periode – einen Bericht über den Stand der Projekte in den Bundesländern an den Nationalrat gibt, was die Strukturprogramme betrifft. Das wäre, glaube ich, ein sehr guter Beitrag dazu, die Diskussion über europapolitische Themen und gleichzeitig Regionalpolitik zu stärken, um auch den Bürgerinnen und Bürgern zu zeigen: Jawohl, natürlich profitieren wir auch von einer guten europäischen Politik, die wir ganz konkret mit Projekten vor Ort umsetzen können.
Das wäre ein Anliegen, bei dem ich mir wünschen würde, dass wir vielleicht gemeinsam in der nächsten Periode daran arbeiten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
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