www.pirklhuber.at // homepage // pirklhuber // gruene

Arbeit


Dring. Anfr. der Abg. Kogler K & K betreff. Verhandlungslegitimation der BReg zu CETA, TTIP, TISA
01.02.2017

Typ
Rede

Kategorie
RSS Feed Agrarpolitik



Sitzung: 25. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 162. Sitzung am 1.2.2017


Tagesordnungspunkt: Dring. Anfr. der Abg. Kogler K & K betreff. Verhandlungslegitimation der BReg zu CETA, TTIP, TISA
Redezeit: 15.33 - 15.43


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Da­men und Herren! Ich kann tatsächlich an die Ausführungen der Kollegin Dietrich an­knüpfen, und zwar in einem Punkt, den sie auch hervorgehoben hat, nämlich in der Frage der Regulierung, der Gestaltung der demokratischen Optionen, die man im Rahmen des Handels hat.


Ich erinnere ganz klipp und klar an die Parlamentarische Enquete. Wir haben ein Jahr gebraucht, dass wir sie durchgesetzt haben, und dann haben die Experten, auch jene vom WIFO (Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz) - ich erinnere daran, das sind die Fakten, Kollege Matznetter, von denen du sprichst und die du jetzt offensichtlich nicht mehr verstehen, geschweige denn hören willst -, klar gesagt: Es geht kaum oder gar nicht mehr um den Handel, es geht um Regulierung.


Paul Krugman ist zitiert worden, und auch andere Expertinnen und Experten. Der Kol­lege vom WIFO hat auf die Frage, was geschieht, wenn CETA nicht beschlossen wird, geantwortet: Ja, den wirtschaftlichen Effekt muss man sowieso mit der Lupe suchen. - Das einmal vorweg.


Im Zentrum steht Regulierung oder Deregulierung, das ist auch die Sorge der öster­reichischen Bevölkerung. Meine Damen und Herren, wir haben ja international Freihan­delsverträge, wir haben die WTO-Regeln, wir haben einen globalisierten Handel. Das ist Faktum. Nur mehr ganz wenige Bereiche sind entweder geschützt oder mit Zöllen belegt. - So schaut es aus.


Wenn wir CETA ablehnen, bricht der Welthandel nicht zusammen, so wie offensichtlich plötzlich ÖVP und SPÖ hier den Eindruck erwecken wollen. Das ist Nonsens, meine Damen und Herren. Bleiben Sie auf dem Boden der Fakten! (Beifall bei den Grünen. - Abg. Kogler: Bravo!)


Da es um eine Regulierung geht, hat die Bevölkerung zu Recht Sorgen. Die Fragen sind: Wer reguliert? Wer kontrolliert? Wo bleibt die Transparenz dieser Prozesse? Ge­nau das sind die Fragen und Fakten. Die Leute sind nicht dumm, unsere Bürgerinnen und Bürger sind mindestens so gescheit wie wir hier im Haus. Die können auch strei­ten, das haben sie in vielen Diskussionen, die wir mit ihnen geführt haben, auch getan. (Abg. Peter Wurm: Die Amerikaner auch!) - Das ist richtig, das betrifft auch die ame­rikanische Gesellschaft. Wir hatten auch Kontakt mit kanadischen und amerikanischen NGOs, die sich auch gegen diese Art von Konzernregulierung und für unsere Art der Bürgerbeteiligung einsetzen. Das ist nämlich das Thema: Wir wollen Transparenz und wir wollen fairen Handel!


Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist die Devise: Europa muss sich neu aufstellen, geopolitisch ist die Lage wirklich anders als noch vor zwei, drei Jahren. Wir sind ge­fordert. Wo bleiben denn die europäische Vision und die Perspektive, um die es geht? Da meine ich schon, Kollege Cap, dass wir hier aus dem Parlament eine Initiative zu einem europäischen Handelsgipfel starten könnten. So wie wir unsere Parlamentari­sche Enquete durchgesetzt haben, könnten wir auch einmal einen Handelsgipfel in Eu­ropa starten, der die europäische Handelspolitik auf den Prüfstein stellt und dort an­setzt, wo es notwendig ist.


Wie soll es weitergehen? Wie verdichten wir unseren Handel in Europa, unsere Zu­sammenarbeit im wirtschaftlichen Bereich? Das bringt Arbeitsplätze in den Regionen. Das erwarten sich die Menschen. Sie erwarten sich, dass wir ökologisch, sozial aus­gerichtet und regional unsere Wirtschaft weiterentwickeln. Dann können wir auch ge­meinsam fragen: Was heißt das für den europäischen Außenhandel, was heißt das für europäische Importe, was sind unsere Ziele?


Das ist insofern so wichtig - wir haben heute auch schon über Klimaschutz diskutiert -: Zwei internationale Verträge haben wir unterschrieben, das Klimaschutzabkommen von Paris und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Beide Abkommen wur­den weltweit unterzeichnet und eröffnen ganz neue Perspektiven, meine Damen und Herren.


Wir sollten gemeinsam an Nachhaltigkeitsstrategien arbeiten, an einem Umbau der Öko­nomie, weg von den fossilen Energien, weg von einem konzernorientierten Freihandel auf Kosten von Natur, von Menschen, von Arbeitsplätzen und von Strukturen gehen, die wir alle erhalten wollen. Das ist schlicht und ergreifend das, was die Bürgerinnen und Bürger bewegt.


Dem sollten wir hier im Parlament auch Rechnung tragen, und da wundere ich mich heute wirklich, dass ein Abgeordneter der SPÖ kein Wort über wirklich engagierte Bür­germeister verliert. Ich schätze die regionalen Politikerinnen und Politiker, die sich in den Gemeinden wirklich Gedanken machen müssen: über die Integration von Flüchtlin­gen, über die Energiebilanz, über ihre sozialen Leistungen, über ihre Schule im Ort. Da gibt es viele, viele Aufgaben, die sie erfüllen müssen, und sie wollen dabei auch den Gesamtzusammenhang nicht aus den Augen verlieren.


Ich war selbst bei Veranstaltungen in Niederösterreich, bei denen auch diese SPÖ-Bürgermeister dabei waren, und da haben wir diskutiert. Natürlich haben wir, die nie­derösterreichischen Grünen, gesagt: Ja, selbstverständlich unterstützen wir euch! Selbst­verständlich unterstützen wir kritische Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die ver­antwortungsvoll erwarten, dass sich die Politik mit ihren Sorgen beschäftigt. Dazu hätte ich mir heute eine Antwort vom Kollegen Matznetter erwartet, aber es kam kein Wort zu seinen eigenen Bürgermeistern. (Beifall bei den Grünen.)


Wo immer sie waren, das waren viele Gemeinden, viele, viele Gemeinderäte haben hier mitentschieden und haben gemeinsam Resolutionen dagegen verfasst; es sind meh­rere Hundert Gemeinden in Österreich. Ich kann diesen Bürgermeistern, diesen Ge­meinderätinnen und Gemeinderäten versichern, dass die Grünen alle parlamentarischen Mittel ausreizen werden, damit diese Transparenz wirklich hergestellt wird.


Hinsichtlich der Beantwortung muss ich schon sagen: Sie, Frau Staatssekretärin, kön­nen nichts dafür, der Kanzler ist krank, das ist die einzige Entschuldigung, die ich an Ihrer Stelle heute geltend machen würde.


Aber es gibt ja Auflagen der Bundesländer, die ganz klare Option: Wir wollen keine Schiedsgerichte. Das ist die Position der Bundesländer, klipp und klar: Keine Zustim­mung zu CETA, keine Zustimmung zu einer vorläufigen Anerkennung, wenn diese For­derung nicht erfüllt ist. Was ist passiert? - Das Gegenteil! Ja wo leben wir denn? Wie verbindlich ist die politische Vereinbarungskultur in diesem Land, wenn das nicht ernst genommen wird? Haben wir den Mumm nicht mehr, zu unseren eigenen Diskussionen und zu unseren eigenen Beschlüssen zu stehen? Das muss man bei dieser Gelegen­heit einmal anmerken.


Daher, meine Damen und Herren, auch noch kurz ein Wort zur wirklichen Situation bei einigen Dingen, die die Landwirtschaft und die Lebensmittel betreffen. Die Dinge sind nicht geregelt. Warum? - Das Vorsorgeprinzip, Kollege Kogler hat es ausgeführt, ist in keiner Hinsicht gewährleistet, auch nicht mit der Zusatzvereinbarung. Warum? - Mit kei­nem Wort wird tatsächlich auf die Vorsorgeprinzipien der europäischen Verfassung Be­zug genommen - und das wäre es.


Ich habe mich von Anfang an gefragt, wie Kollegin Malmström sich als Handelskommis­sarin überhaupt hinstellen und eine Verhandlung führen kann, ohne die Grundrechte, die in den europäischen Verträgen festgelegt sind, zu berücksichtigen und auch hinein­zuverhandeln. (Abg. Kogler: Die Kanadier haben?s ja verweigert!) Das wäre ihre Auf­gabe gewesen. Wenn sie das getan und das Vorsorgeprinzip wirklich verankert hätte, dann hätte ich auch ein gewisses Vertrauen zu dieser Strategie. So kann ich nur sa­gen: Leider nein!


Importkontingente für Schweinefleisch: 80 000 Tonnen; für Rindfleisch: 65 000 Tonnen; für Weizen: 100 000 Tonnen. Meine Damen und Herren, das ist keine Perspektive für die europäische Lebensmittelpolitik. Von den 1 400 geschützten geografischen Anga­ben, die es in Europa gibt, wurden in diesem Abkommen nur 145 unter Schutz gestellt. Was ist mit den anderen 1 300? Das ist auch kein Erfolg!


Ein Wort noch zur Gentechnik: Das ist ein trojanisches Pferd, und zwar offensichtlich! Beispiel: In Kanada ist der gentechnisch veränderte Lachs inzwischen seit Mai 2016 als Lebensmittel anerkannt, und er wird praktisch nicht gekennzeichnet, denn es gibt keine Kennzeichnungsregeln. Wie viel Zoll gibt es derzeit bei Import von Lachs in die Europäische Union? - 15 Prozent Zoll ist noch drauf. Wenn das Handelsabkommen in Kraft tritt, wird dieser Zoll innerhalb der nächsten Jahre abgebaut - abgebaut ohne Kennzeichnung! So schaut?s aus: keine Kennzeichnung, Zollabbau. (Abg. Loacker: Musst halt Forelle essen!)


Dasselbe gibt es beim Obst. In Kanada gibt es am Markt gentechnisch veränderte Äpfel. Der entsprechende Zoll bei Import in die Europäische Union beträgt 9 Prozent, Kollege Schultes. So schaut?s aus. Dann kommen diese Produkte plötzlich - und das wird dann der große Aufschrei sein - irgendwie doch auch beim Konsumenten in Eu­ropa an. Das ist keine Strategie, die wir unterstützen können, daher wirklich: Zurück an den Start! Keine Unterstützung hier im Parlament!


Wenn wir wollen, dass wir uns in den nächsten Jahren noch in den Spiegel schauen können, müssen wir diesen Vertrag ablehnen. Das ist ein Appell an alle Kolleginnen und Kollegen, auch im Wissen darüber, was Ihre Bürgermeister und Bürgermeisterin­nen - es sind nämlich meistens ÖVP- und SPÖ-BürgermeisterInnen - draußen vor Ort beschlossen haben. Die wissen, worum es geht: um die Lebensbedingungen ihrer Bür­gerinnen und Bürger. Ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun. - Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)


 


 


 




zur übersicht nach oben
Kontakt
Neuester Event
Letzte Presseaussendung
Neuester Download
Quicklinks
Suche


erweiterte Suche

    pirklhuber.at | DI Dr. Wolfgang Pirklhuber | Impressum | Suche | Sitemap | (c) 2007 agentur G+ | Flash Player installieren