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Arbeit


KD Anfragebeantwortung 8782/AB zu 9170/J der Abg. Steinbichler, K&K betr "Landwirtschaft und TTIP"
07.07.2016

Typ
Rede

Kategorie
RSS Feed Agrarpolitik



Sitzung: 25. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 138. Sitzung am 7.7.2016


Tagesordnungspunkt: KD Anfragebeantwortung 8782/AB zu 9170/J der Abg. Steinbichler, K&K betr "Landwirtschaft und TTIP"
Redezeit: 15.30 - 15.35.09


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ja, eine wichtige Debatte, und danke für diese gute Anfrage, die Herr Staatssekretär Mahrer hier ja doch noch zu vertiefen versucht hat, denn die Beantwortung ist auch aus unserer Sicht nicht wirklich zufriedenstellend, weil nicht sachlich auf einzelne Punkte eingegangen wurde. Aber besonders auffällig ist, dass der oberste Vertreter der Landwirtschaft, Kollege Schultes, als Präsident der Kammern, also eigentlich in einer überparteilichen Funktion, sich als Abgeordneter dieses Hauses hier herstellt (Zwischenruf des Abg. Schultes) und als oberster Sozialpartner der Landwirtschaft hier in den Raum hinein behauptet beziehungsweise mehr oder weniger eigentlich den Vorwurf äußert, dass hier offensichtlich die meisten, die kritisch sind, die Kenntnisnahme der Fakten verweigern und Informationen nicht angenommen haben. – Ich habe das mitgeschrieben, Kollege Schultes.


Jetzt kommen wir einmal zu den Fakten. – Wir haben eine Agentur beauftragt, eine Umfrage unter den Bäuerinnen und Bauern zu machen, wie sie TTIP einschätzen, was für Perspektiven sie in TTIP sehen. Diese Umfrage ist vom Dezem­ber 2015/Jän­ner 2016, also sie ist nicht drei Jahre alt, sondern ein gutes halbes Jahr, und die Bäuerinnen und Bauern haben mit 68 Prozent gesagt, sie haben große Sorgen und fürchten sich tatsächlich und wollen TTIP nicht haben. Aber nur 1 Prozent der Bäue­rinnen und Bauern hat gesagt, sie sehen Chancen in TTIP. Hier sitzt einer: Kollege Schultes. 1 Prozent! (Beifall bei Grünen, FPÖ und Team Stronach.)


1 Prozent der BäuerInnen! – Abgeordneter Schultes ist einer davon – schon sehr interessant, oder? –, gleichzeitig vertritt er aber auch die restlichen 99 Prozent. Sehr interessant, ja! Es ist ein dialektischer Prozess, Kollege Schultes, den Sie hier perfor­men. Es wäre sehr interessant, einmal in Sie hineinzuschauen, wie denn das geht.


Ich war bei Veranstaltungen in Niederösterreich – andere Kolleginnen und Kollegen auch – und habe dort Folgendes erlebt: Die Bauern sind aufgesprungen, wenn es um dieses Thema ging! Und die Bäuerinnen genauso, Kollege Schultes, die sagen: Stopp mit diesen Märchengeschichten, wir haben genug von dieser Erzählung! (Abg. Schultes: Weil du sie belogen hast!) Das sagen die Bäuerinnen und Bauern – auch in Niederösterreich! (Abg. Schultes: Weil du sie regelrecht belogen hast!) Sie müssten es wissen, Kollege Schultes, Sie sollten es wissen. (Beifall bei den Grünen.)


Und wenn Sie es gar nicht wahrhaben wollen, dann wird es notwendig sein – und das ist unsere Aufgabe –, die Bevölkerung weiterhin aufzuklären, alles daranzusetzen, dass es hier im Parlament eine demokratische, öffentliche Debatte gibt. Wir haben ja morgen noch einen Hauptausschuss, und ich freue mich, dass wir dort gemeinsam – ich hoffe, dass das morgen wirklich so sein wird – für den September die parla­mentarische Enquete zu CETA und TTIP beschließen werden. Das ist ein kleiner Stein für mehr Öffentlichkeit, für mehr Transparenz. Und das ist einfach erforderlich.


Ich stelle jetzt eine ganz einfache Rechnung auf, weil es in dieser Anfrage­beantwor­tung, Herr Kollege Mahrer, heißt, es wäre nicht konform, die Landwirtschaft von TTIP auszunehmen, weil das nach der Meistbegünstigungsklausel nicht möglich sei. Ich habe mir das in Ruhe angeschaut und muss sagen: Das ist schon richtig, und zwar insofern, als die WTO-Regelung sagt: Ja, es ist dann möglich, mit einer Freihan­dels­zone zu verhandeln, wenn nahezu oder annähernd der gesamte Handel damit invol­viert ist.


Das ist die richtige Antwort! Aber das heißt nicht, dass man nicht Sektoren aus­schließen darf. Das ist die Gegenformulierung! Und jetzt sind wir beim konkreten Punkt: Die Industriellenvereinigung sagt, 3,5 Prozent im bilateralen Handel mit den USA sind Zollbelastungen.


Meine Damen und Herren! Was passiert denn mit den Zolleinnahmen? – 25 Prozent können sich die Mitgliedstaaten für die Abwicklung behalten, und 75 Prozent gehen ein in das EU-Budget. Aber wenn diese Mittel gekürzt werden, wenn an der Außengrenze keine Zölle und keine Abschöpfungen mehr passieren, dann haben wir mehrere Milliarden Euro weniger im EU-Budget. Ja wer wird denn das zahlen? – Jetzt zahlen diese Zölle die Konzerne. Dann zahlen es wieder die Steuerzahler. So sieht es nämlich aus!


Das ist Zollabbau! Und wenn Sie auf der Homepage der Industriellenvereinigung nach­lesen – und das ist keine grüne Homepage –, so werden Sie sehen: Die sagt klar, 40 Prozent des transatlantischen Handels ist Handel zwischen den großen transnatio­nalen Konzernen. 40 Prozent!


Wenn Sie das ganz nüchtern durchrechnen: 10 Prozent des EU-Budgets sind derzeit Zolleinnahmen. Das heißt, die Konzerne zahlen über ihre Abgaben an der Außen­grenze derzeit auch einen Beitrag für das europäische Budget. Das fällt weg im Freihandel – und das ist wieder eine der Formen der neoliberalen Umverteilung! (Abg. Schultes: Keine Ahnung!) Da wird umverteilt in die privaten Kassen der Konzerne, und wir Bürgerinnen und Bürger müssen, damit wir die Leistungen in Europa aufrecht­erhalten können, dann wieder mehr Steuergeld dafür hergeben, dass wir in Europa handlungsfähig sind.


Meine Damen und Herren! Das sollte uns sehr zu denken geben, und daher wäre es ganz wichtig, dass wir diese Anfrage weiter vertiefen. Wir haben einen entsprechenden Antrag im Landwirtschaftsausschuss liegen …


 





Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schlusssatz kommen.


 






Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (fortsetzend): Danke, Frau Prä­sidentin, ich bin schon fertig. – Ich bin wirklich der Überzeugung, dass wir die 99 Pro­zent der Bäuerinnen und Bauern gut in diesem Haus vertreten müssen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.)






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