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Arbeit


KD Fristsetzung der Abg. DI Dr. Pirklhuber, K&K ueber Antrag 1060/A(E) an Ausschuss fuer Land- und Fortwirtschaft
08.03.2016

Typ
Rede

Kategorie
RSS Feed Agrarpolitik



Sitzung: 25. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 115. Sitzung am 8.3.2016


Tagesordnungspunkt: KD Fristsetzung der Abg. DI Dr. Pirklhuber, K&K über Antrag 1060/A(E) an Ausschuss für Land- und Fortwirtschaft
Redezeit: 18.38 - 18.48.33


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dieser ausführlichen Pensionsdebatte kommen wir zu einem tagespolitischen und umweltpolitischen Kernthema, das wir seit Jahren aktiv betreiben, das derzeit ganz Europa bewegt und die gesamte österreichische Bevölkerung in seinen Bann zieht. Ich spreche von der Frage des Verbots von giftigen Stoffen, von Unkrautvernichtungsmitteln, die möglicherweise und wahrscheinlich krebserregend sind, und zwar geht es um dieses Mittel. (Der Redner hält eine grüne Sprühflasche mit dem Aufdruck Roundup in die Höhe.)


Es geht um glyphosathältige Pestizide, es geht um diesen Markennamen Roundup, es geht um Pestizide, die Monsanto, der größte Konzern in diesem Bereich, auf den Markt gebracht hat und es geht um die Verantwortung der Politik, die jetzt die Entscheidung zu tätigen hat, ob die Zulassung dieses Pflanzengiftes, das 2002 von der Europäischen Union zugelassen wurde, auf weitere 15 Jahre, bis 2031, verlängert werden soll.


Meine Damen und Herren, was ist das Problem mit diesem Gift? – Es wird massiv in der Gentechnik und in der Landwirtschaft global eingesetzt. Es ist das weltweit meistverwendete Pestizid. In Österreich sind es etwa 300 bis 500 Tonnen Wirkstoff im Jahr. Damit ist es auch das meistverwendete in Österreich.


Es gefährdet die biologische Vielfalt und den Grundwasserkörper. Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass Missbildungen in Tierversuchen der Fall sind, Störungen der Embryonalentwicklung bei verschiedensten Tieren – Fröschen, Küken oder Ratten. Auch bei menschlichen Zelllinien wurden eindeutig wesentliche Schädigungen und hormonelle Wirkungen vermutet und festgestellt.


Meine Damen und Herren, das Besondere ist aber, dass in den letzten ein, zwei Jahren bekannt wurde, dass Glyphosat als Rückstand nicht nur im Brot, nicht nur im Getreide, nicht nur im deutschen Bier, sondern sogar im Menschen nachweisbar ist. Eine kürzlich veröffentlichte Studie hat gezeigt, dass in Deutschland von 2 000 Test-personen 75 Prozent Glyphosat sogar im Urin hatten.


Meine Damen und Herren, wir lassen uns von der chemischen Industrie nicht konta­minieren. Das ist nicht zulässig. Das kann nicht akzeptabel sein, dass es für die che­mische Lobby einen Freibrief gibt, uns Menschen durch ihre Gifte tatsächlich zu kontaminieren und uns Gefahren auszusetzen. (Beifall bei den Grünen.)


Ja, wie argumentiert unser Landwirtschaftsminister, der für die Zulassung zuständig ist? Wir haben vor mehr als einem Jahr diesen Antrag zu diesem Verbot von glypho-sathältigen Pflanzenschutzmitteln in Österreich eingebracht. Und was sagt unser Um­weltminister? Was sagt der Landwirtschaftsminister? Er sagt, er vertraue dem Urteil der Experten.


Ich sage Ihnen ganz ehrlich, was er heute im „Mittagsjournal“ gesagt hat, ist quasi eine halbe Abdankungserklärung. Auf die Frage der Journalistin „Mit welcher Weisung ist denn der Experte der AGES nach Brüssel gefahren?“ – die AGES ist die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, die im ständigen Ausschuss der Lebensmittel­kette sitzt, die heute auf Europaebene darüber beraten hat – antwortet der Minister tat­sächlich:


„Der hat gar keine Weisung. Das ist eine Entscheidung der Europäischen Kommission. Es gibt auch keine Notwendigkeit für eine Weisung.“


Meine Damen und Herren, das ist unglaublich: ein Minister, der offensichtlich als ehemaliger Beamter wissen müsste, wie die Entscheidungslage ist. Ich zitiere Ihnen den EU-Kommissionssprecher Margaritis Schinas, der heute sagt: „‚Die Kommission verantwortlich zu machen, wäre nicht fair.‘ Es seien schließlich die Experten aus den Mitgliedsstaaten, die letztlich entscheiden würden, nicht die Kommission.“


Also es ist ganz klar, dass die Experten und damit auch die österreichischen Experten über die Zulassung mitentscheiden. Der Herr Minister hat es bisher nicht zustande gebracht, eine klare Aussage zu treffen.


Gott sei Dank, sage ich, gibt es Umweltorganisationen. Gott sei Dank gibt es die Grünen auch auf europäischer Ebene, die aktiv gegen eine vorschnelle Zulassung am heutigen Tag gekämpft haben. Und sie konnte verhindert werden. Wodurch konnte sie verhindert werden? – Vier Mitgliedstaaten haben sich klar dagegen ausgesprochen. Es war Frankreich, es waren die Niederlande, es war Schweden, es war Italien. Das Zünglein an der Waage, Deutschland, hat sich enthalten, wodurch es zu einer Verschiebung der Entscheidung kam.


Meine Damen und Herren, der Skandal ist, dass die österreichische Vertretung in diesem Ausschuss gegen die Vertagung war. Die österreichische Vertretung dort wollte, dass es heute abgestimmt wird. Eine Abstimmung heute hätte bedeutet, dass die Gefahr einer Zulassung besteht. Das ist ein unglaublicher Affront gegen die Interessen der österreichischen Bevölkerung, der österreichischen Umweltbewegung und völlig inakzeptabel. (Beifall bei Grünen und Team Stronach.)


Von dieser Stelle aus sage ich dem Minister: So geht das nicht, Herr Kollege Rup­prechter! Sie können sich nicht hinter den Experten verstecken. Sie haben politische Verantwortung zu tragen und auch dem Nationalrat hier Rede und Antwort zu stehen. Ich vermisse Ihr Rückgrat, dass Sie heute zu dieser Fristsetzungsdebatte kommen und Stellung beziehen. Die Möglichkeit hätten Sie, aber Sie haben leider auf der ganzen Ebene politisches Versagen zu verantworten. (Ruf bei der ÖVP: Übertrieben!)


Meine Damen und Herren, die Herausforderung, vor der wir stehen, ist wirklich groß, denn wir müssen die österreichische Position ändern. Wenn ein Minister die Verant­wortung nicht wahrnimmt, meine Damen und Herren, dann muss dieser Nationalrat die Verantwortung übernehmen, so wie wir es auch bei der Frage der Bienengifte getan haben. Wir sind dazu bereit, diese Verantwortung zu übernehmen.


Ich fordere Sie auf, Kolleginnen und Kollegen von SPÖ und ÖVP, einerseits diesem Fristsetzungsantrag rasch die Zustimmung zu geben, andererseits rasch zu einem Ausschuss zu kommen, gemeinsam mit den Experten der AGES und den kritischen WissenschaftlerInnen – da gibt es mehr als 95, die einen Brief an die EFSA geschrie­ben und klar argumentiert haben, dass man zu diesem Zeitpunkt auf keinen Fall dieser Zulassung zustimmen darf. Die kritischen Stimmen europaweit sind so laut. Vor allem hat auch die Weltgesundheitsorganisation, die WHO, eines festgehalten: Diese Sub­stanz ist sehr „wahrscheinlich krebserregend“.


Meine Damen und Herren, wenn Zweifel bestehen, dann gilt das Vorsorgeprinzip. Bei der Zulassung von Pestiziden in Europa hat das Vorsorgeprinzip Vorrang. Das ist gesetzlich festgelegt. Wenn es dieses Vorsorgeprinzip gibt und wenn wir es ernst nehmen, dann können wir aus österreichischer Sicht diese Zulassung auf keinen Fall verlängern, wir können sie nicht aussprechen. Im Gegenteil: Wir müssen natürlich für ein Verbot von Glyphosat in Österreich und auf europäischer Ebene kämpfen. (Beifall bei den Grünen.)


Das erwarten wir uns sowohl von der SPÖ, als auch von der ÖVP. Das erwarten wir uns natürlich auch von Gesundheitsministerin Oberhauser. Sie hat nur einen Brief an Minister Rupprechter geschrieben. Ich würde auch gerne wissen, was in diesem Brief steht.


Ich fordere Sie auf, Kolleginnen und Kollegen! Ihre Europaabgeordnete Kadenbach hat mit unserem Abgeordneten Martin Häusling einen Brief gegen die Zulassung und für eine Verschiebung der Entscheidung an die Kommission geschrieben. Sie hat sich gegen die Zulassung ausgesprochen, ebenso wie Kollegin Ecker und Kollege Unter­rainer bei Presseaussendungen.


Ich vermisse jetzt Ihre Bereitschaft, hier mit uns gemeinsam Nägel mit Köpfen zu machen. Wenn wir unser Gewicht als Abgeordnete auf die Waagschale legen, meine Damen und Herren, dann können wir bis zum Mai – da wird der nächste ständige Ausschuss stattfinden – eine klare Entscheidung hier im österreichischen Nationalrat treffen, dass wir auch auf europäischer Ebene dafür eintreten, Glyphosat zu verbieten.


Meine Damen und Herren, wir wären mit so einer Entscheidung nicht die Ersten in Europa. Das niederländische Parlament hat bereits letztes Jahr eine solche Entschei­dung getroffen. Das ist auch der Grund, warum die Ratspräsidentschaft – das sind derzeit die Niederlande – gegen die Zulassung gestimmt hat und für die Vertagung eingetreten ist.


Meine Damen und Herren, es brennt der Hut. Wir sind gefordert, den Minister auf Linie zu bringen. Ich sage das klipp und klar. Ich erwarte mir eine Kurskorrektur. Sollte das nicht erfolgen, Herr Minister Rupprechter – das sage ich Ihnen von dieser Stelle aus –, dann ist das wirklich ein schwerer Rückschlag für die österreichische Umweltpolitik.


Als Umweltminister hätten Sie eigentlich nichts anderes tun können als die franzö­sische Umweltministerin und die schwedische Umweltministerin, nämlich sich ganz klipp und klar auf die Seite der Umwelt und der Betroffenen zu stellen. Wer trägt die Risiken für die möglichen Krebsschäden, die aufgrund dieses Pestizids entstehen können?


Meine Damen und Herren, schließen Sie sich unserer Entschließung an! Gehen wir gemeinsam diesen Weg! Kämpfen wir gemeinsam für ein Verbot von Glyphosat, nicht nur in Österreich, sondern auf EU-Ebene! – Danke schön. (Beifall bei Grünen und Team Stronach.)





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