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Arbeit


BFRG und BFG 2016, UG 42 Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, UG 43 Umwelt
26.11.2015

Typ
Rede

Kategorie
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Sitzung: 25. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 104. Sitzung am 26.11.2015


Tagesordnungspunkt: BFRG und BFG 2016, UG 42 Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, UG 43 Umwelt
Redezeit: 14.20 - 14.28


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Ein Dank an den Kolle­gen Sieber. Kollege Sieber hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Bäuerinnen und Bauern seit drei Jahren ein Einkommensminus haben. Dieser seiner Analyse stimme ich zu. In anderen Dingen habe ich etwas andere Auffassungen, die werde ich auch Ih­nen auch gerne hier näherbringen.


Vielleicht zu Beginn: Was ist Faktum? - Faktum ist, dass es in diesem Bundesbudget keinen Budgetposten gibt, der dermaßen stark von Europapolitik geprägt ist. Anteil des EU-Budgets, das hier involviert ist, das mit dem zusammenhängt, also die erste und zweite Säule, sind knapp über 1,5 Milliarden €, und das sind 72 Prozent des gesamten Agrarbudgets. Also mehr als 70 Prozent sind EU-bezogene Programme und Mittel - ers­te und zweite Säule.


Meine Damen und Herren, Faktum ist auch, dass wir eine Krise der Agrarpolitik haben, insbesondere weil es diese Einkommensrückgänge gibt, die in den letzten zehn Jahren zur Aufgabe von 24 000 Betrieben geführt haben. Denn ohne öffentliche Gelder haben die Bäuerinnen und Bauern an landwirtschaftlichen Einkommen aus der Produktion, Einkünfte minus Ausgaben, im Durchschnitt gerade einmal 2 700 € im Jahr. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! - Und 20,5 Prozent der Betriebe ha­ben ohne öffentliche Gelder sogar negative Einkünfte. Es ist also eine echte Krise, Herr Bundesminister, auf die man entsprechend reagieren muss, nämlich durch eine Ände­rung der agrarpolitischen Ausrichtung.


Sie werden sich jetzt fragen: Ist das denn möglich überhaupt, wenn 70 Prozent EU-Pro­gramme, EU-Mittel sind? Jawohl, meine Damen und Herren, die letzte GAP-Reform hat den Mitgliedstaaten viele, zahlreiche Möglichkeiten für eine eigenständige Gestaltung gegeben. Ich nehme ein Beispiel: Die EU hat gesagt, die Mitgliedstaaten dürfen selbstver­ständlich die ersten 30 Hektar jedes Betriebes besser fördern als die restlichen Hektar. Das heißt, eine Umschichtung der Mittel innerhalb des Förderungssystems ist von der EU vorgesehen.


Herr Bundesminister, ich habe Sie im Ausschuss gefragt, ob Sie von dieser Möglichkeit endlich auch einmal Gebrauch machen, um damit die Klein- und Mittelbetriebe zu stär­ken, die höhere Sozialversicherungsabgaben haben, bezogen auf ihren Betrieb, die besonders gefährdet sind, den Betrieb aufzugeben. Sie haben gesagt, nein, werden Sie nicht machen (Zwischenbemerkung von Bundesminister Rupprechter), und das ist lei­der eines der großen Versäumnisse dieses Agrarbudgets, welches vorliegt.


Herr Bundesminister, was die Wirkungsziele, die Sie verfolgen, betrifft, muss ich Ihnen auch sagen: Ich bin sehr enttäuscht! Ich habe in diesem Budget kein Wirkungsziel „Aus­bau des biologischen Landbaus" gefunden, es gab keinen Hinweis darauf, dass das ein besonderes Wirkungsziel ist.


Warum das besonders bemerkenswert ist? - Wir haben gerade im Unterausschuss über die Milchpreise diskutiert und wissen, in Österreich werden im Biomilchbereich deutlich über 40 Cent ausgezahlt, aber der konventionelle Preis ist 10, 11 oder 12 Cent darunter. Der Markt fragt Biomilch nach, aber das gilt nicht als Wirkungsziel in Ihrem Budget, explizit den Bioanteil auszubauen.


Die Exporte zu steigern, gilt jedoch sehr wohl als Wirkungsziel in Ihrem Budget. Da sehen Sie: Das ist Ihre Strategie! Sie wollen mehr auf den Weltmärkten exportieren, und zwar um 10 Prozent, im Zeitraum 2015 bis 2020. Sehr vernünftig, sagen die Kolle­gen der ÖVP. Gut, das habe ich gehört, aber die Bauern und Bäuerinnen haben eine andere Meinung, Kollege Sieber, und zwar zu Recht. (Abg. Sieber: Hey, das habe ich nicht gesagt!)


Also du distanzierst dich von dieser Aussage der Kollegen? Ich finde, das ist ein posi­tiver Hinweis, sehr gut. (Beifall bei den Grünen. - Zwischenrufe bei der ÖVP.) Applaus für den Kollegen Sieber! Kollege Sieber distanziert sich von der Exportorientierung der österreichischen Agrarpolitik. Damit haben wir einen neuen Kollegen gefunden im Bünd­nis für mehr Gerechtigkeit, für mehr soziale Ausrichtung und für eine echte Kreislauf­wirtschaft in der Landwirtschaft. Das werde ich mir merken, freut mich besonders.


Meine Damen und Herren, die Herausforderungen, die es aber gibt, kann man auch KollegInnen ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Offensichtlich ein neuer agrar­politischer Disput in der ÖVP. Sie sind sich offensichtlich nicht ganz einig, wohin Sie gehen wollen. Wir werden im Ausschuss, im Unterausschuss darüber weiter diskutie­ren, werte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, Sie haben noch genug Zeit, dort Ih­re Stellungnahmen abzugeben.


Herr Bundesminister, TTIP ist das Kernthema für viele Bäuerinnen und Bauern in den letzten Wochen und Monaten, und ich möchte Ihnen heute die Gelegenheit geben, noch einmal ein klares Bekenntnis dazu abzugeben. Die Bäuerinnen und Bauern der öster­reichischen Bergbauernvereinigung haben eine Initiative gestartet, „Bauern & Bäuerin­nen gegen TTIP", Aufruf zum Widerstand. (Der Redner hält eine Broschüre der ge­nannten Initiative in die Höhe.)


Ich fordere Sie hier und jetzt auf, diese Petition online zu unterstützen. Sie haben schon alles Mögliche unterstützt, aber das wäre einmal Agrarpolitik ernst genommen. Stellen Sie sich auf die Seite jener, die für die Zukunft der bäuerlichen Landwirtschaft kämpfen und nicht für die Exportindustrie sozusagen ihre Politik betreiben! Stellen Sie sich auf die Seite der Bergbäuerinnen und Bergbauern! (Beifall bei den Grünen. - Der Redner überreicht Bundesminister Rupprechter die Broschüre der genannten Initiative.)


 


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Unterrainer. - Ah, Sie sind noch gar nicht fertig? Gut, dann geht es weiter. - Bitte schön. (Abg. Jan­nach: Zweite Wortmeldung! - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (fortsetzend): Herr Präsident Ho­fer, ich habe nur die Karte dem Herrn Minister gegeben. Ich habe noch ein weiteres An­liegen, werte Kolleginnen und Kollegen, und zwar das World Food Programme.


Es geht darum, dass es international auch eine Verpflichtung ist, den Ärmsten der Ar­men weltweit zu helfen, und zwar dort, wo es um Hunger geht. Das ist eine Position, Konto 78008142, und in diesem Budgetvoranschlag 2016 ist für die FAO beziehungs­weise für das Welternährungsprogramm tatsächlich ein Betrag von null Euro ausgewie­sen.


Herr Bundesminister, wen Sie uns Unterlagen vorlegen, hier in diesem Parlament, dann erwarte ich mir, dass Sie in so sensiblen Bereichen wie dem Welternährungsprogramm nicht ein Papier hier vorlegen, wo in einer so brenzligen Situation wie gerade jetzt die­se Mittel auf null heruntergekürzt werden.


Das ist Ihr Vorschlag, das ist Ihr Budget, das Sie vorgelegt haben! Und das ist einfach eine Schande, meine Damen und Herren, eine Schande für diese Politik, die es nicht verdient, sozial oder ökologisch genannt zu werden. Eine echte Schande! (Beifall bei den Grünen. - Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Daher bringe ich folgenden Antrag ein:


Entschließungsantrag


der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend drin­gend benötigte Hilfe für Syrien durch das WFP


Der Nationalrat wolle beschließen:


„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Entwurf für eine Ergän­zung des Bundesfinanzgesetzes 2016 und des Bundesfinanzrahmengesetzes 2016 bis 2019 vorzulegen, in dem die erforderlichen Beiträge an das World Food Program­me der Vereinten Nationen für Lebensmittelhilfe in der Region rund um Syrien Bede­ckung finden, und zwar in der Höhe der Leistung vergleichbarer europäischer Staaten, wie etwa der Schweiz."


*****


Das ist ein Gebot der Stunde, meine Damen und Herren, und ich erwarte mir, dass Sie diesem Antrag zustimmen. - Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)


 


 




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