Sitzung: 25. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 61. Sitzung am 25.02.2015
Tagesordnungspunkt: Berichte des Rechnungshofes, Reihe Bund 2014/12, 2013/4 und 2014/16 Redezeit 21.40 - 21.47
Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Rechnungshofpräsident! Meine Damen und Herren! Kollege Angerer hat zu Recht diesen Teil aus dem Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2013/4 erwähnt, der besonders brisant ist und den wir auch hier im Haus schon öfters sehr intensiv diskutiert haben.
Es wäre ja heute eine spannende Premiere gewesen, wenn Herr Abgeordneter Berlakovich hier ans Rednerpult getreten wäre und den Rechnungshofbericht über seine eigene Tätigkeit als Minister kommentiert hätte. Das wäre durchaus eine interessante Übung in einem lebendigen und selbstkritischen Parlamentarismus - möglicherweise auch für einen selbstkritischen ehemaligen Minister - gewesen, aber diese Möglichkeit hat die ÖVP heute völlig ausgelassen.
Es ist bisher auch kein einziger Kammerfunktionär ans Rednerpult getreten - Entschuldigung, vielleicht ist Herr Kollege Gahr auch irgendwo Kammerfunktionär (Abg. Auer: Nein, ist er nicht!), aber jedenfalls kein Kammerpräsident - und hat zu den ausführlich argumentierten und inhaltlich sehr interessanten Kritikpunkten Stellung genommen, was die Vollziehung des gesamten Agrarfördersystems in Österreich betrifft.
Bleiben wir kurz noch bei Berlakovich: fast 30 Millionen € in fünf Jahren für Öffentlichkeitsarbeit, 94 Prozent aller Inserate mit einem großen Konterfei, die Botschaft meistens: Unsere Bauern bringens! - Was den Mehrwert einer solchen Politik betrifft, so hat dies der Rechnungshof eindeutig und unmissverständlich geklärt. Das haben wir politisch gelöst, sage ich, also ein großes Dankeschön an den Rechnungshof.
Man sieht, dass die Effizienz des Rechnungshofes doch enorm ist. Das spart Steuergeld, das führt zu mehr politischer Effizienz und ist einfach auch ein guter Beitrag zu einer Weiterentwicklung sowohl der politischen Kultur hier im Parlament als auch insgesamt der Kultur der Politik in Österreich.
Herr Rechnungshofpräsident, folgenden Punkt möchte ich aber noch gezielt ansprechen: Im Ausschuss hat der neue Minister Rupprechter eine große Werbebotschaft - eine ganze Seite Inserate - hergezeigt, eine gemeinsame Werbung eines großen Handelskonzerns und des Landwirtschaftsministeriums. Er hat gemeint, Public Private Partnership. - Wunderbar! Ich erinnere an eine Empfehlung im Rechnungshofbericht:
„Eine interne Richtlinie zum Sponsoring wäre zu erlassen, die den Begriff und die angestrebten (Kommunikations-)Ziele definiert und den zulässigen Umfang festlegt."
Ich habe dem Minister auch schwer empfohlen, da Klartext zu reden und auch für Klarheit zu sorgen, denn wenn man einerseits mit großen Konzernen Inseratenkampagnen schaltet, sich aber andererseits in der politischen Gestaltung oder bei Fördervergaben in Interessenskollisionen hineinbegibt, dann steht schon der Verdacht im Raum, dass das zu einer kleinen - sage ich einmal - Verwerfung führt, die dann dem neuen Minister dieselbe Situation beschert, aus der der alte, sozusagen mit unserer Hilfe, herausgekommen ist.
Ein Wort noch zu einem Punkt, den der Rechnungshof ebenfalls sehr gut aufgezeigt hat - Kollege Schellhorn hat auch darauf Bezug genommen -, nämlich zu dem gesamten Bereich GenussRegionen Österreich. Die Verbesserung der Evaluierung, den tatsächlichen Absatz wirklich regionaler Produkte, die Zusammenarbeit mit bestehenden Institutionen: All das hat uns der Minister im Ausschuss versprochen! Dieses Thema wird also effizient angegangen werden, und es wird in diesem Bereich etwas geschehen.
Nun zu dem Bereich, der uns lange Zeit am stärksten bewegt hat: die Almen-Causa. Die in wenigen Punkten zusammengefasste Kritik des Rechnungshofes ist eine Analyse des österreichischen Agrarsystems in einer Qualität, die einzigartig ist. Das möchte ich wirklich mit aller Wertschätzung anerkennen. Der Rechnungshof hat ganz klar zeigen können, dass das Dreieck bestehend aus Agrarmarkt Austria, Landwirtschaftskammern und Landwirtschaftsministerium ein völlig ungeklärtes Feld ist, dass es da Rechtsbeziehungen gibt, die nicht ausreichend determiniert sind, dass da massive Interessenskollisionen bestehen und dass Haftungsfragen ungenügend geklärt sind.
Der Rechnungshof hat auch - und das finde ich besonders wichtig - mit vielen Argumenten und Beispielen zeigen können, dass den Bäuerinnen und Bauern die Sanktionskataloge nicht ausreichend verständlich mitgeteilt wurden, dass sie sozusagen gar nicht wussten, was ihnen passiert, und dass der Almleitfaden auf jeden Fall einfacher zu gestalten wäre.
Meine Damen und Herren, das ist die Realität! Leider, Herr Rechnungshofpräsident, muss ich Sie darauf hinweisen, dass im neuen Programm bereits wieder der Keim einer ähnlichen Problematik liegt, denn im neuen Programm gibt es die Verpflichtung, einzelne Bäume einzeln zu digitalisieren.
Ich lese Ihnen jetzt Passagen aus einem Schreiben eines Bauern an mich persönlich vor, der darstellt, welche Probleme er mit der AMA hat.
Er schreibt:
Ab 1.1.2015 gibt es bei mir keine AMA mehr. Habe 7 930 € zurückgezahlt. Jede Maßnahme - und das fünf Jahre zurück. Sanktion: 0,57 Hektar abgezogen.
- Sie kennen ja dieses Problem mit der Flächendigitalisierung. -
Dieser Bauer schreibt weiter:
Pachtgrundstück der österreichischen Bundesforste, darf keine Haselstauden wegschneiden, das Eichhörnchen braucht Nahrung (Randzone Nationalpark). Daher der Überhang auf Wiese und Weide, so der Revierförster. (Abg. Rädler: Das wollen die Grünen!) Privatgrundstück habe ich nicht, daher die Abhängigkeit von Bundesforsten und Nationalpark. Mein Pachtvertrag bei den österreichischen Bundesforsten läuft am 31. Dezember 2015 aus. - Zitatende.
Also dem armen alten Bauern - er wird heuer 73 Jahre alt - wurden seine Einkünfte um 10 000 € gekürzt - für nichts, aufgrund derzeitiger Digitalisierungsverpflichtungen und einer schlechten Agrarpolitik! Ich erwähne das einfach, weil das ein Skandal ist.
Meine Damen und Herren, daher bringe ich auch folgenden Antrag ein, der sich genau auf die notwendigen Reformschritte in diesem Bereich bezieht:
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung beziehungsweise der zuständige Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft wird aufgefordert,
1. im BMLFUW eine offizielle, unabhängige Schiedsstelle für Streitfälle von FördernehmerInnen mit der AMA einzurichten,
2. die jährliche Veröffentlichung des aktuellen Sanktionskataloges der AMA sowie die Ergebnisse der Kontrollen auf ihrer Homepage sicherzustellen, damit volle Transparenz für die FördernehmerInnen und die Öffentlichkeit gewährt wird,
3. im Rahmen der Erhaltung der Landschaftselemente statt der geplanten Einzelbaum-Digitalisierung eine vereinfachte Bio-Diversitätsmaßnahme ‚Förderung von Streuobst‘ im ÖPUL 2015-2020 ab dem Antragsjahr 2015 vorzusehen."
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Meine Damen und Herren, das wäre ein wichtiger Antrag. Ich ersuche um Zustimmung auch vonseiten der ÖVP. - Danke. (Beifall bei den Grünen.)
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