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Arbeit


Gruener Bericht 2014 der Bundesregierung
19.11.2014

Typ
Rede

Kategorie
RSS Feed Agrarpolitik



Sitzung: 25. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 49. Sitzung am 19.11.2014


Tagesordnungspunkt: Gruener Bericht 2014 der Bundesregierung Redezeit: 13.18 - 13.25


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Da­men und Herren! Kollege Auer, es ist kein Geheimnis, dass in den nächsten Monaten einige Landwirtschaftskammerwahlen in Österreich anstehen. Ich verstehe den Bau­ernbundpräsidenten Auer natürlich, warum er hier berechtigte Argumente vorbringt - berechtigte Argumente, was die Preissituation betrifft, berechtigte Argumente, was die soziale und einkommensrelevante Situation der heutigen Landwirtschaft in Österreich betrifft. Alles korrekt, Kollege Auer, nur: Wer ist verantwortlich für die Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte? - Der Bauernbund, in Vertretung des Herrn Bundesministers!


Sie sehen an diesem Grünen Bericht wieder einmal, wie die Situation ist. Die Einkom­menssituation - Sie haben es erwähnt, Kollege Auer - im Jahr 2013: 15,2 Prozent der Betriebe sind negativ im Betriebsergebnis. Negativ: 15,2 Prozent der Betriebe! Und nur 24,2 Prozent der Betriebe haben Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die mehr als 30 000 € betragen. Nur ein Viertel mehr als 30 000 €!


Aber, meine Damen und Herren, wissen Sie, was diese Zahlen tatsächlich bedeu­ten? - Sie bedeuten, dass diese Beträge noch inklusive Sozialversicherungsbeiträgen sind. Das heißt, wir müssen in der landwirtschaftlichen Buchführung des Grünen Be­richts davon noch die Sozialversicherung abziehen, und auch die Einkommensteuer ist von diesem Betrag abzuziehen! In der Landwirtschaft wird so getan, wie wenn der So­zialversicherungsbeitrag ein Teil der Einkünfte wäre. Herr Bundesminister, das ist eine Verzerrung der Realität! Es sind nicht nur 15 Prozent negativ, es sind mindestens 25 Pro­zent der Landwirte in Österreich, wenn man die Sozialversicherungsbeiträge auch noch berücksichtigt, negativ in ihren Ergebnissen. Das ist die Realität.


Wer kann hier von einer guten Agrarpolitik unter sozialen Gesichtspunkten reden, Kol­leginnen und Kollegen von der SPÖ? Wo bleibt Ihre Verantwortung in diesem Punkt? - Ich gebe dem Kollegen Jannach völlig recht: Wenn man lange und kontinuierlich für vermögensbezogene Steuern eintritt - und da gibt es gute Gründe, bei denen wir nach­vollziehen können, dass Steuergerechtigkeit ein Gebot der Stunde ist und ein Thema, das die österreichische Bevölkerung bewegt -, dann muss man auch bereit sein, in der Agrarpolitik entsprechend konsequent vorzugehen.


Jetzt kommt auch meine Erklärung dafür, warum wir diesem Grünen Bericht diesmal unsere Zustimmung nicht geben können, meine Damen und Herren, nämlich, weil die Grundprinzipien von Transparenz und Mitbestimmung nicht eingehalten werden.


Ich werde Ihnen jetzt aus dem Landwirtschaftsgesetz vorlesen, was die Aufgabe dieser §-7-Kommission ist. Laut § 8 Punkt 3 ist es die „Mitwirkung an der Schaffung von Programmen zur Entwicklung des ländlichen Raumes" - also genau das, was jetzt in Brüssel verhandelt wird, das österreichische Programm zur ländlichen Entwicklung; diese Kommission hat also diese Mitwirkungsrechte - „und zur Erarbeitung von Förde­rungskriterien für solche Programme auf Grund von gemeinschaftlichen Normen zur Vorlage an die Europäische Kommission." Die gemeinschaftlichen Normen sind dies­bezüglich die europäischen Verordnungen.


Das ist Aufgabe dieser Kommission. Herr Bundesminister, wenn ich den Bericht 2013 hernehme und unter diesen Mitwirkungsrechten nachschlage, dann ist das angeführt, genauso wie ich es zitiert habe, aber ohne einen Hinweis darauf, welche Mitwirkung wirklich stattgefunden hat.


Jetzt kommen wir wirklich zur Realität in Österreich: Die Mitwirkung war tatsächlich nicht vorhanden. Der Vertreter der Grünen in der §-7-Kommission, Dipl.-Ing. Hubmann aus der Steiermark, hat eine außerordentliche Sitzung beantragen müssen, damit überhaupt zu diesem Punkt des Landwirtschaftsgesetzes eine Sitzung stattfand. Es wurden Anträge der Grünen eingebracht und nicht einmal abgestimmt.


Was ist denn das für ein Zustand, Herr Minister, dass es ein Gesetz gibt und die Be­hörden, somit Ihre eigenen Leute und Sie selbst als Verantwortlicher nicht Sorge tra­gen, dass dem Gesetz auch wirklich Genüge getan wird? Ich halte das schlichtweg für einen Skandal. Ich sage Ihnen das ganz offen, das ist ein Skandal, wenn man die Ge­setze nicht vollzieht. Wenn Sie das Landwirtschaftsgesetz lesen, gibt es unter § 2 Punkt 5 sogar eine Verfassungsbestimmung, die „die Gewährung von Förderungen auf Grund von privatwirtschaftlichen Vereinbarungen im Rahmen von Maßnahmen gemäß der Sonderrichtlinie für das Österreichische Programm zur Förderung einer umweltge­rechten" und extensiven Landwirtschaft behandelt.


Diese Bestimmung im Landwirtschaftsgesetz, meine Damen und Herren, ist zehn Jah­re alt, völlig überaltert, nicht mehr gültig, nicht mehr rechtskräftig. Sie steht im Gesetz drinnen, wird aber nicht mehr vollzogen.


Wo bleibt Ihre Initiative, diesen Punkt des Gesetzes zu ändern, eine Rechtsgrundlage her­zustellen, damit die Bauern Rechtssicherheit haben - Rechtssicherheit was Sanktionen betrifft, Rechtssicherheit auch, was die Aufbewahrung der Unterlagen für das neue Pro­gramm betrifft?


Es ist doch unglaublich, dass ein Landwirt mit diesem Rechtsinstrument, mit dieser Son­derrichtlinie zur ländlichen Entwicklung gezwungen wird, nach Beendigung der Förder­periode - das heißt im Jahr 2020 - noch zehn Jahre die Unterlagen aufzubewahren. Herr Minister, wo leben wir denn? Was ist denn das für ein Zustand? (Bundesminister Rupprechter: In Österreich!) - Ja, Sie haben recht. Wir leben in Österreich, in einem Land, wo solche Zustände möglich sind, dass Grundrechte so missachtet werden. Denn es ist auch ein Grundrecht der Bäuerinnen und Bauern, dass sie gleich wie jeder andere Wirtschaftstreibende in diesem Land behandelt werden. (Beifall bei den Grü­nen.) Und da gibt es eine Aufbewahrungspflicht von sieben Jahren für Aufzeichnungen, und nicht für zehn und noch mehr, für 17 und mehr Jahre.


Herr Minister, so etwas kann man eben nur in einem Rechtsrahmen, in einem Gesetz regeln. Ich fordere Sie daher auf, dieses Gesetz endlich vorzulegen und nicht weiter so zu agieren, indem Sie glauben, alleine im Ministerium, alleine mit einer Sonderrichtlinie die gesamte ländliche Entwicklung steuern zu können. (Zwischenbemerkung von Bun­desminister Rupprechter.) - Sie kommen zu Wort, Herr Bundesminister, Sie können sich dann selbst melden.


Ich möchte hier einen Dank an all jene Bäuerinnen und Bauern und Organisationen sa­gen, die sich aktiv und kämpferisch für ihre Interessen eingesetzt haben. Es ist leider nicht so, dass in Österreich die kleinen, ökologisch- und kreislauforientierten Bäuerin­nen und Bauern das Sagen haben, sondern die Agrarindustrie immer wieder hinein­funkt, zum Beispiel in den Investitionsbereich. Das ist auch der Grund dafür, warum Sie die Mittel umgeschichtet - 400 Millionen € weniger in der Programmperiode für die Bäuerinnen und Bauern -, aber gleichzeitig die Investitionsförderungen massiv aufge­stockt haben, Kollege Schultes. Das sind Gelder für die Wirtschaft, aber nicht für die Landwirtschaft.


Genau aus diesem Grund stimmen wir diesem Bericht nicht zu. Darüber hinaus bin ich der Auffassung, dass Sie auch dem Biolandbau zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet haben. Das war eine Perspektive, um ihn als Leitbild in Österreich vorzusehen und da­mit auch wirklich zum Vorreiter in Europa zu werden, für eine Landwirtschaft, die kon­sumentenfreundlich ist, die zukunftsorientiert ist und auch bäuerliche Arbeitsplätze si­chert. - Danke. (Beifall bei den Grünen.)


 


 


 


 


 


 



 




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