Kontamination von Futtermitteln mit nicht-zugelassenen GVOs
23.02.2011
Event jetzt bewerten:EU kippt Nulltoleranz bei Futtermitteln! Totalumfaller von Landwirtschaftsminister Berlakovich, der dem Lobbying der Futtermittelbranche nachgibt!
Im Oktober 2010 hat EU-Verbraucherschutzkommissar John Dalli einen Verordnungsentwurf vorgelegt, der EU-weit einheitliche Standards für Nachweisverfahren und Probenahme bei GVO-Kontrollen von Futtermittelimporten vorsieht. Danach will die EU-Kommission bei Futtermitteln 0,1 Prozent Verunreinigung mit in der EU nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Organismen (GVO) tolerieren und so die bisher gültige Nulltoleranz kippen. Und das, obwohl sogar die USA, die am stärksten auf die Aufhebung der Nulltoleranz drängen, selbst keine GVO importieren, die in den USA nicht zugelassen sind.
Nicht
zugelassener Gen-Dreck in Futtermitteln wird legalisiert!
Die
zuständigen Minister Berlakovich und Stöger sind verantwortlich, dass auch
Österreich auf EU-Ebene am 22. Februar 2011 im ständigen Ausschuß für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit zugestimmt hat, dass in Zukunft gentechnisch veränderte
Organismen (GVO), die in der EU gar nicht zugelassen sind, bis zu 0,1 Prozent
in Futtermitteln enthalten sein dürfen. Man stelle sich eine Gentechnikpflanze
mit in der EU nicht zugelassenen medizinischen Eigenschaften vor: Bei einem
LKW-Zug mit ca. 20 to Futtermitteln darf diese Verunreinigung in Hinkunft zwei
volle Kübeln illegalem Gen-Dreck betragen! In einer vollen Schiffsladung Futtermitteln,
die in Rotterdam ankommen, könnten damit sogar 65 Tonnen nicht-zugelassene Gentech-Verschmutzung
toleriert werden.
Mit
dieser Entscheidung gehen die beiden Minister gemeinsam mit der EU-Kommission
vor den jahrelangen Lobbykampagnen der Futtermittel- und Gentech-Industrie in
die Knie und treten das Vorsorgeprinzip mit Füßen. So hat sich zum Beispiel
auch der österreichische Wirtschaftskammerpräsident Leitl bereits im September 2009 beim
Landwirtschaftsminister persönlich in einem Schreiben für die Zulassung dieser
Gen-Verschmutzung eingesetzt (das Schreiben dazu siehe Download - unten!).
Damit
wird der bisherige Gentechnik-kritische Kurs verlassen, auf den sich alle im
Parlament vertretenen Parteien in Österreich geeinigt haben und der
schleichenden Verunreinigung der gesamten Lebensmittelkette wird Tür und Tor
geöffnet.
Die
EU-Kommission wird außerdem wortbrüchig: Denn immer noch warten wir auf das
gesetzliche Selbstbestimmungsrecht der Regionen auf Gentechnikfreiheit, das uns
Kommissionspräsident Manuel Barroso bei seinem neuerlichen Amtsantritt
versprochen hat.
Unter
dem Deckmantel der Technokratie wird verschleiert, dass mit dieser Regelung GVO
in Futtermitteln in die EU gelangen, obwohl für sie gar keine Risikobewertung
vorliegt. Das ist eine unglaubliche
Verantwortungslosigkeit gegenüber den KonsumentInnen und jenen Bäuerinnen und
Bauern, die sich um die Einhaltung der Gentechnikfreiheit bemühen.
Der
jetzt vorliegende Beschluss des ständigen Ausschusses muss in etwa drei Monaten
von den EU-Agrar- und Umweltministern noch bestätigt werden, um in Kraft zu
treten. Die Grünen Bäuerinnen und Bauern werden daher eine Petition an das
österreichische Parlament richten, um vielleicht in letzter Sekunde noch einen
Kurswechsel zu erzwingen.
Wie wird derzeit noch vorgegangen?
Derzeit müssen nicht zugelassene GVO EU-weit rückgerufen werden. Aus Anfragen meiner Grünen Kollegin im Deutschen Bundestag Ulrike Höfkgen geht hervor, dass es zwischen 2004 und 2009 zu insgesamt 58 Verunreinigungsfällen mit nicht-zugelassenen GVOs gekommen ist, davon betraffen 22 Fälle Heimtiernahrung und 36 Fälle Viehfutter. 70 % der Kontaminationen stammten aus den USA. Aus Braslien und Argentinien sind keine Fälle bekannt! Im Jahr 2010 gab es keine neuen Fälle!
Vorsorgeprinzip außer Kraft gesetzt!
Durch das Abgehen von der Null-Toleranz würde das Vorsorgeprinzip als eines der Grundprinzipien der EU-Lebensmittelpolitik ausgehebelt und der schleichenden Kontamination der gesamten Lebensmittelkette Vorschub geleistet. Inzwischen drängen einige Mitgliedsländer auch auf die Einführung einer 0,1-Toleranz für nicht zugelassene GVO bei Lebensmitteln und Saatgut, da eine Trennung der Agrarrohstoffe für verschieden Verwendungszwecke als nicht praktikabel erachtet wird.