Sitzung: 24. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 209. Sitzung am 14.6.2013
Tagesordnungspunkt: Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2012/7 und 2011/9 Redezeit: 14:29 - 14:34
Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident, ich möchte Ihnen ausdrücklich für diesen ausgezeichneten Bericht danken. Die Analyse betreffend die ländliche Entwicklung, betreffend LEADER zeigt ganz deutlich, wie hier vorbei am Parlament und wie hier zum Teil auch von oben herab mit dem Rechnungshof in den Stellungnahmen umgegangen wurde. (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.)
Ich möchte Ihnen das an einem Beispiel zeigen. So sagt doch das Ministerium wirklich explizit, dass „die starke Betonung des Schwerpunkts 2 (Umwelt)", politisch akkordiert wäre, sagt das Umweltministerium beziehungsweise das Landwirtschaftsministerium, sei „weniger das Ergebnis eines politischen Kompromisses des BMLFUW" - also des Landwirtschaftsressorts - „mit der Europäischen Kommission gewesen, sondern vielmehr das Ergebnis der österreichischen strategischen Festlegungen" - und jetzt hören Sie gut zu, meine Damen und Herren! - „von Regierung, Parlament, Interessenvertretungen und Nichtregierungsorganisationen." - Und das ist schlichtweg eine Frechheit, ich sage das in aller Deutlichkeit! (Beifall des Abg. Öllinger.)
Hier im Parlament haben wir überhaupt keinen Beitrag geleistet zum Programm der ländlichen Entwicklung, das ist ganz einfach eine Sonderrichtlinie, die das Ministerium in eigener Regie durchgeführt hat. Ich erinnere in dem Zusammenhang daran, dass ich mehrfach darauf hingewiesen habe, dass es eine Rahmengesetzgebung in Österreich braucht, um zum Beispiel die finanzielle Mittelaufteilung zwischen den Bereichen, den Sektoren politisch zu verhandeln, auch über die Schwerpunktsetzungen, über die strategischen Ziele. All das beschreibt der Rechnungshof akribisch genau und präzise in Bezug auf die Mängel und die letzte Periode, die jetzt ausläuft oder möglicherweise sogar noch um ein Jahr verlängert wird.
Herr Rechnungshofpräsident, das ist ein Auftrag an das Parlament, was hier vorgelegt wird, nämlich der Auftrag an das Parlament, dass es nicht möglich ist, weiter so wie bisher zu agieren. Herr Minister Berlakovich! Sie haben uns in diesem Haus ja bis heute keine Strategie vorgelegt, wie es von 2014 bis 2020 weitergehen soll. Wir haben noch einen einzigen Landwirtschaftsausschuss dazu!
Und ich finde es wirklich ungeheuerlich, dass wir heute einen Rechnungshofbericht, der solide ist, der Analysen darbringt, der ausführlichst die Probleme beschreibt, hier diskutieren können, aber der Minister uns bis heute kein Konzept vorgelegt hat, wie er ab 2014 - zum Beispiel LEADER - die ländliche Entwicklung in Österreich weiterentwickeln will. Es gibt keine einzige Veranstaltung dazu in diesem Haus und keine einzige Präsentation des Herrn Bundesministers zur ländlichen Entwicklung oder zum Begleitausschuss - um ein weiteres Stichwort zu nennen. Zum Beispiel wäre die Einbindung der Opposition oder der politischen Parteien im Rahmen der politischen Evaluierung des Begleitausschusses ein vernünftiges Instrument.
Wir haben gesehen, dass im Begleitausschuss lauter nachgeordnete Dienststellen des Landwirtschaftsressorts sitzen. Das ist ja völlig unglaubwürdig, auch auf europäischer Ebene. Die Leute sind ja nicht blöd, bitte! Man wird doch weisungsgebundene Stellen nicht dazu zwingen können, dass sie gegen das eigene Ministerium aussagen - drehen wir es einmal so um.
Herr Rechnungshofpräsident, Sie lachen zu Recht. Diese Art von Politik braucht also eine massive Korrektur, und wir hier im Parlament sind aufgefordert, alles daran zu setzen.
Bisher gibt es keine Beschlussfassung der Regierung. Ich gehe davon aus, dass die nächste Regierung vor der schwierigen Aufgabe steht, in kürzester Zeit ein neues Programm für die ländliche Entwicklung zu konzipieren und darzustellen. Da sind all diese Anregungen, die in diesem Rechnungshofbericht drinnen sind, ganz wichtig und wesentlich und müssen unbedingt berücksichtigt werden.
Ich möchte abschließend noch eine Hauptbaustelle ansprechen, nämlich die Agrarmarkt Austria als Zahlstelle. Auch hier sagt der Rechnungshof sehr schön Folgendes:
„Die Zulassung der AMA als Zahlstelle erfolgte in Form einer Beauftragung durch das BMLFUW." - Das heißt also, durch das Ministerium. - „Diese erging mit Schreiben vom 14. Juni 2007. Abgesehen vom Ersuchen des BMLFUW" - des Umweltressorts oder des Landwirtschaftsressorts - „an die AMA, alle erforderlichen Veranlassungen zur rechtmäßigen Ausübung der Zahlstellenfunktion zu treffen, beinhaltet sie keine näheren Vorgaben."
Das heißt, die AMA kann automatisch - eben auf Basis der EU-Gesetze und so weiter - agieren ohne Vorgaben für die Vollziehung.
Meine Damen und Herren, das führte zum Alm-Fiasko der Sonderklasse. Das, was wir heute tagtäglich draußen vor Ort an Problemen haben mit den Flächenerfassungen durch das GIS-System der AMA, ist zum Beispiel auch ein Ergebnis dieses Versäumnisses, hier klarere Regeln zum Beispiel für Problemfälle - durch die Einrichtung einer Schiedsstelle bei Streitfällen und ähnlichen Dingen - zu setzen, womit die Vollzugsprobleme, die aufgetaucht sind, hätten verhindert werden können.
Also danke, Herr Rechnungshofpräsident! Wir werden diesen Bericht sehr ernst nehmen, dessen können Sie sicher sein. - Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Jannach.)
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