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Arbeit


KD über schriftl Anfragebeantwortung 12795/AB der Anfrage 13081/J der Abg. Bayr, Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
30.01.2013

Typ
Rede

Kategorie
RSS Feed Agrarpolitik



Sitzung: 24. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 187. Sitzung am 30.1.2013


Tagesordnungspunkt: Kurze Debatte über schriftl Anfragebeantwortung 12795/AB der Anfrage 13081/J der Abg. Bayr, Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Redezeit: 17.23-17.34


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Bei der vorliegenden Anfragebeantwortung von Bundesminister Berlakovich zum Thema entwicklungspolitische und ökologische Bedenken gegenüber dem Einsatz von Agro­treibstoffen handelt es sich um eine der brisantesten ökologischen und energie­politischen Fragen, die wir derzeit in Europa und auch in Österreich diskutieren.


Ich möchte bei dieser Gelegenheit schon darauf hinweisen, dass es mich freut, dass das eine Anfrage ist, die Kollegin Bayr von der SPÖ und ich gemeinsam eingebracht haben. Warum gemeinsam? - Weil wir gemeinsam auch im Netzwerk mit verschie­denen NGOs aus dem entwicklungspolitischen Bereich, aus dem Umweltbereich, aus dem kirchlichen Bereich sehr eng zusammenarbeiten und uns über die unglaublichen Entwicklungen austauschen, nämlich dass wir heute Weizen - sozusagen ein altes christliches Symbol, Getreide, Brot und Wein -, dass wir heute Brot verspriten und in die Tanks füllen und eine Milliarde Menschen auf diesem Planeten hungert und ein Minister, der sich noch dazu Umweltminister nennt - es ist die Frage, inwieweit das zutrifft -, seit mehr als einem Jahr bei jeder Gelegenheit mit Händen und Füßen sein Ziel von der Einführung des E10, diese Anhebung der Beimischung von Agro-Ethanol zum Benzin, verteidigt und vorangetrieben hat. Ich muss Ihnen sagen, das ist schon sehr, sehr bemerkenswert.
Durch wen wurde das gestoppt? - Einerseits durch den massiven Druck in der österreichischen Bevölkerung, gemeinsam hier im Parlament mit den NGOs, mit kirchlichen Einrichtungen, die klar gesagt haben, dass es das nicht sein kann. (Abg. Hornek: Die ÖMV hast du vergessen!) Die Verspritung von Lebensmitteln, von Getreide ist ökologisch nicht sinnvoll und auch ethisch unverantwortlich, Herr Kollege! (Abg. Hornek: Die ÖMV war es in Wahrheit!)


Und gleichzeitig hat die Kommission am 17. Oktober 2012 eine Änderung der EU-Richtlinien 2009/28/EG und 2009/30/EG vorgelegt, wo sie vor allem auf eines der Hauptargumente der Kritik, das bisher nicht berücksichtigt wurde, eingegangen ist, nämlich auf die sogenannten indirekten Landnutzungsänderungen durch den Anbau von Agrartreibstoffen, auf die Indirect Land Use Change, die Veränderung der Anbausituation in den Entwicklungsländern.


Meine Damen und Herren! Wir wissen inzwischen, dass europäische Investmentfonds in großem Maßstab in Afrika Land Grabbing betreiben, und auf 60 Prozent dieser Flächen - das ist belegt durch internationale Untersuchungen und Erhebungen - werden Agrotreibstoffe für den Export angebaut. So schaut es aus!


Und der Herr Minister sagt allen Ernstes, dass das eine nachhaltige Art der Produktion von Energie ist (Abg. Hornek: Recht hat er!), eine Chance, den Klimawandel zu reduzieren und ökologische Maßnahmen im Verkehrsbereich durchzusetzen.


Wir können in Europa den Bedarf, den wir hätten, um die 2020-Ziele zu erreichen, 10 Prozent Agrotreibstoffe im Verkehrssektor, nicht aus eigener Produktion decken, wenn wir gleichzeitig nicht unsere Agrarpolitik vollständig auf den Kopf stellen. Das ist nicht machbar, das weiß jeder, der sich die Zahlen genau angeschaut hat.


Und: E10 verhindert auch eines: Es verhindert die Innovation bei den Auto­mobilherstellern, weil es im Rahmen der Klimabilanzen angerechnet wird, und mit Agrotreibstoffen können sie ihre alten Motoren noch länger betreiben, als es eigentlich sinnvoll wäre. (Abg. Hornek: Das ist ein Salto rückwärts Marke Pirklhuber!) - Herr Kollege, wir werden es uns im Detail anschauen. (Abg. Hornek: Es wäre gescheit, wenn du es vorher machen würdest, bevor du redest!)


Sie sehen, die Entwicklung muss in eine andere Richtung gehen. Unsere Ziele sind: Energieeffizienz, nachwachsende Rohstoffe, selbstverständlich erneuerbare Energie, Einsatz von Agrotreibstoffen der zweiten Generation vorwiegend in ökologischen Sektoren wie zum Beispiel zu 100 Prozent in der Landwirtschaft. Kollege, das wäre vernünftig und sinnvoll im Sinne der Versorgungssicherheit, aber nicht ungebremst für den Verkehr, einfach beimischen, beimischen, erhöhen und damit die Krise vorantreiben und nicht lösen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hornek.)


Schauen wir uns an, was der Herr Minister geantwortet hat. - Das ist ein Blödsinn, sagt der Kollege. (Abg. Hornek: Das habe ich nicht gesagt!) Lieber Kollege Hornek, ich lese dir jetzt wörtlich vor (Abg. Hornek: Ich habe gesagt, du tust Wolken verschieben! Hättest du aufgepasst, was ich gesagt habe!) - Gut, Wolken verschieben, dann werde ich eine Wolke verschieben vor deinem Geiste, nämlich die Wolke, was Sache ist und was jetzt auch FachexpertInnen des deutschen Landwirtschaftsministeriums sagen.


Ich zitiere aus der Stellungnahme „Ernährungssicherung und nachhaltige Produk­tivitätssteigerung" des Wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik beim Landwirt­schafts­ministerium der Bundesrepublik Deutschland vom Jänner 2012 (Abg. Hornek: Frag doch einmal deine grünen Kollegen in Deutschland, die unterstützen das!), dort heißt es:
„Die Konkurrenz zwischen Tank und Teller wird also so oder so existieren und weiter an Bedeutung zunehmen. Aber gerade deswegen sollte diese Konkurrenz nicht durch politisch festgesetzte Quoten weiter verschärft werden."


Genau das machen Sie, Herr Bundesminister! Sie versuchen, durch eine politisch festgesetzte Erhöhung der Quoten diese Verschärfung weiter voranzutreiben. (Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Hornek.)


Schauen wir uns die Anfragebeantwortung, schauen wir uns doch die Antwort an. Ich möchte kurz auf die Antwort zur Frage 5 eingehen, sie zeigt, wie dieser Minister tickt.


Der Herr Minister sagt ganz klar: „Die geplante Einführung des Biokraftstoffs E10 mit 1. Oktober 2012 wurde vorläufig ausgesetzt."


Also nach wie vor ein klares Bekenntnis, Sie wollen diesen Treibstoff nach wie vor einführen und haben die Einführung jetzt nur einmal „vorläufig ausgesetzt". Sie sind also immer noch auf dem falschen Dampfer. Sie haben die Studien, die die Kommis­sion und internationale Institute vorgelegt haben, offensichtlich noch immer nicht wahrgenommen. Die Studien des deutschen Landwirtschaftsressorts, internationale Studien, nein, Sie wollen das nicht wahrnehmen.


Die zweite Antwort, die besonders deutlich zeigt, wie unscharf Sie antworten: Sie sagen auf die Frage, wie diese Rohstoffe besorgt werden, woher sie stammen, wie viel importiert wird, was aus österreichischer Produktion ist, ganz konkret:


„Um die eigenen (nationalen) Zielvorgaben zu erreichen, kann der Bedarf an Getreide (Weizen, Mais, Triticale) für Bioethanol vorrangig durch heimische Produktion gedeckt werden."


Sie haben die ganze Zeit über suggeriert, wir könnten eigentlich jetzt schon - bei Raps ebenso - die Produktion im Biodiesel- und im Ethanolbereich aus eigener Produktion decken. - Jetzt schmunzelt Kollege Schultes schon sehr heftig. Kollege Schultes, du bist ja an diesem Projekt beteiligt. (Zwischenruf des Abg. Ing. Schultes.) Pischelsdorf ist nicht nur ein Beteiligungsprojekt der AGRANA, sondern es ist ja auch der niederösterreichische Rübenbauernbund beteiligt - gewinnbeteiligt, nehme ich an. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Schultes.)


Es ist das eine Verschränkung von Agrarbürokratie und Agrarfunktionären, die hier im Parlament sitzen, mit der österreichischen Agrarindustrie (Abg. Hornek: Das sagst ausgerechnet du, wo du !), und diese Agrarindustrie hat massive öffentliche Förde­rungen bekommen. 8 Millionen € Bundesmittel, 4 Millionen € vom Land Niederöster­reich zur Errichtung dieser Anlage.


Schauen wir uns an, wie der Minister das weiter argumentiert. Was sagt er denn weiter dazu? - Er sagt: okay, vorrangig aus Österreich. - Okay, das kann man ja irgendwie interpretieren, was das heißt. (Zwischenruf des Abg. Hornek.) - Ja, Sie regen sich zu Recht auf, denn das, was der Minister antwortet, ist ziemlich ungeheuerlich.


Minister Berlakovich sagt: „Je nach Ernteergebnis und allgemeinen Marktbedingungen werden ergänzend" - also ein bisschen etwas wird doch importiert - „Rohstoffe niedri­ge­rer Qualität (Futtergetreide) aus anderen benachbarten Mitgliedstaaten importiert (Slowakei, Tschechien, Ungarn, Rumänien, Deutschland)." (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hornek.)


Okay, cool! Also vorrangig Österreich, und dann importieren wir aus fünf, sechs benachbarten Mitgliedstaaten. (Abg. Hornek: Wo tun wir denn das Öl importieren, Herr Kollege?)



Jetzt kommt natürlich die besondere Frage, die er möglicherweise beantworten könnte. Herr Minister, sagen Sie klipp und klar: Können Sie garantieren, dass das Getreide, das aus Rumänien importiert wurde, nicht über den Schwarzmeerhafen nach Rumä­nien importiert und von dort von einem Händler an die AGRANA geliefert wurde?! Können Sie garantieren, dass Getreide, Futtergetreide, Ethanolgetreide, das aus Deutschland nach Österreich importiert wird, nicht über Rotterdam, von wo auf der Welt auch immer, in einen deutschen Hafen, in ein deutsches Lagerhaus und von dort nach Österreich gekommen ist?


Wenn Sie das nicht garantieren können, dann ersuche ich Sie dringend, Ihre vorläufige politische Festsetzung, Ihre vorläufige politische Position zu überdenken und zu einer nachhaltigen und richtigen Position zu kommen, nämlich die Europäische Kommission in diesem Vorschlag zu unterstützen und sich auch im Rahmen der Bundesregierung eindeutig für die Reduktion einzusetzen, dass Lebensmittel der ersten Generation, Weizen, Raps, Mais (Abg. Jakob Auer: ein bisschen sachlicher! - weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) - das ist sachlich, gleich kommt das schlagende Argument, Kollege -, dass diese Rohstoffe auf 5 Prozent reduziert werden.


Jetzt eine Zahl, Herr Bundesminister, (Abg. Hornek: Der Kollege Pirklhuber hat keine Ahnung, aber davon reichlich!) - Keine Ahnung, sagt Kollege Hornek, aber er kennt überhaupt keine Zahlen und plappert irgendetwas vor sich hin.


Kollege Hornek, ich nenne Ihnen hier die AMA-Getreidebilanz für 2012/13, das ist die offizielle Getreidevorschau der Agrarmarkt Austria - keine grüne Vorfeldorganisation. Die sagt klipp und klar: Der Bedarf von Bioethanol im Bereich Weichweizen, Mais, Triticale, beträgt 537 000 Tonnen. Und - hören Sie zu! - der Saldo, der Negativsaldo der Getreidebilanz 2012/13 beträgt knapp 500 000 Tonnen. Das heißt, er macht in etwa die Menge aus, die irgendwo in der Bilanz fehlt. Und die Versorgungssicherheit - immer ein großes Thema, auch in ÖVP-Kreisen - beträgt nur noch 88 Prozent.


Unsere Getreidegesamtbilanz war früher so, dass wir immer einen leichten Überschuss hatten, Getreide exportieren konnten (Abg. Hornek: Du hast wirklich überhaupt nichts verstanden!), jetzt können wir nur noch 88 Prozent decken, und das ist seit 2010 so. (Abg. Hornek: Du bist ein Kraut-und-Rüben-Professor! - Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Und es ist belegbar, meine Damen und Herren, dass die Getreideimporte gerade ab 2008 massiv angestiegen sind - aufgrund der Treibstoff­produktion. (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen.)


Jetzt noch ein kleiner Hinweis


Präsident Fritz Neugebauer: Ihre Redezeit ist zu Ende, den Schlusssatz, bitte!


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (fortsetzend): Herr Präsident, Sie hätten aber schon das rote Lämpchen einschalten können. Es ist keine gute Praxis, wenn Sie mir kein Lichtsignal geben, andernfalls hätte ich meine Redezeit besser aufteilen können, denn ich hätte noch einige wichtige Argumente vorzubringen gehabt. Aber das wird sicher meine Kollegin machen. - Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)


 


 




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