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Arbeit


"Für ein Europa mit mehr Wachstum, Beschäftigung, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit"
30.01.2013

Typ
Rede

Kategorie
RSS Feed Sonstiges



Sitzung: 24. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 187. Sitzung am 30.1.2013


Tagesordnungspunkt: "Für ein Europa mit mehr Wachstum, Beschäftigung, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit" Redezeit: 11.45-11.51


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Kollege Hübner hat ja hier die übliche FPÖ-Übung abgewickelt, nämlich ein bisschen Europa-Bashing (Zwischenrufe der Abgeordneten Podgorschek und Dr. Rosenkranz), ein bisschen Sozialdemokratie-Bashing. Aber, Herr Kollege Hübner, Politik bedeutet eben, die Veränderung zu gestalten, und das ist die Herausforderung, vor der wir heute stehen, und das ist auch die Herausforderung, die wir Grünen annehmen - und zwar nicht nur hier im österreichischen Parlament, sondern auf allen Ebenen der europäischen Politik.


Es ist keine Frage, Europa muss verändert werden. Wir wollen Europa auch verän­dern: Es muss sozialer werden, es muss ökologischer werden, es muss selbstver­ständlich bürgerInnenfreundlicher werden, und es muss demokratischer werden. Die Bürgerinnen und Bürger sehen, dass es da riesige Herausforderungen gibt, die man nicht mehr national lösen kann. Immer mehr Menschen nehmen das wahr, und ich muss schon sagen: Es ist unglaublich, wenn hier Kollege Strache David Cameron als typisches Beispiel, als Prototyp eines guten Politikers bezeichnet. - Das ist doch absurd, meine Damen und Herren, völlig absurd! (Beifall bei den Grünen.)


Warum? Was macht David Cameron? - Er macht nichts anderes, als den Finanzplatz, das Finanzkapital Englands zu verteidigen, gegen die Interessen - zum Beispiel - einer europäischen Finanztransaktionssteuer. Das ist es (Abg. Strache: Er lässt sein Volk abstimmen! Er lässt sein Volk entscheiden!) - Ja, Kollege Strache, aber es ist populistisch (Ah-Rufe bei der FPÖ), weil er in Wirklichkeit nur den Finanzplatz Großbritannien verteidigt und die eigenen Privilegien - und das ist keine Solidarität, das ist nicht gelebte Europapolitik! So werden wir die Probleme, vor denen wir stehen, nicht lösen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)


Herr Bundeskanzler, wenn Sie oder die SPÖ die Themen Beschäftigung, Nach­haltigkeit und auch Gerechtigkeit heute zum Thema machen, dann bin ich bei Ihnen. Aber wo sind Ihre Ansagen in Richtung Erneuerung, in Richtung Green Jobs auf europäischer Ebene? (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.) Das sind die grünen Herausforderungen: neue arbeitsplatzrelevante Investitionen zu entwickeln, die im Bereich der klimarelevanten und klimaschonenden Investitionen liegen, nämlich, von der thermischen Sanierung angefangen über die erneuerbaren Energien in eine Energiewende in Europa zu investieren. - Das bringt Jobs, auch in die ländlichen Räume und die ländlichen Regionen.


Der öffentliche Sektor, meine Damen und Herren, ist einer der zentralen Motoren der Wirtschaftsentwicklung auch in den Regionen draußen, und dazu braucht es einen Finanzspielraum. Die Gemeinden haben diesen heute nicht, und ich glaube, dass das eine der großen Herausforderungen ist. Daher ist es nur völlig berechtigt, hier eindeutig die öffentlichen Aufgaben und die Daseinsvorsorge in den Mittelpunkt der Diskussion zu stellen.


Herr Bundeskanzler, wenn Sie sich hinstellen und sagen, ja, wir werden das in Österreich absichern, dann muss man aber schon sagen: Sie sind nicht konsistent in Ihrer Politik. Überzeugen Sie die anderen Sozialdemokratien in Europa, dass diese Elemente der Daseinsvorsorge - von Bildung angefangen, über die sozialen Dienste, bis zur Wasser- und Abwasserentsorgung - aus der Konzessionsrichtlinie rausge­nommen werden! Sie sollen rausgenommen werden, damit es nicht zu einem Zwang von Privatisierung kommt, denn wer sind denn die Leute, wer sind denn die Institutio­nen, die auf der anderen Seite stehen?


Schauen wir uns doch den Wasserbereich an! Der französischen Wasserkonzern Veolia - börsennotiert in Paris, Jahresumsatz mehr als 12 Milliarden € - ist in einigen Kommunen Deutschlands bereits an der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung beteiligt, hat das in Kommunen übernommen. (Abg. Dr. Bartenstein: Was ist dort passiert?) - Was ist dort passiert?, fragt Kollege Bartenstein. Er hat keine Ahnung, was die Privatisierung des Wassers in Großbritannien zum Beispiel verursacht hat. Die absolute Zerstörung eines funktionierenden Systems, das war das Ergebnis einer Privatisierung der Wasserversorgung in Großbritannien; das musste zurückgenommen werden. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.) Kollege Bartenstein hat überhaupt keine Ahnung, was das für ein Desaster war, wirklich keine Ahnung, was wirklich die Gefahr ist, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen. - Zwischen­bemerkung von Bundeskanzler Faymann.) - Ja, es ist so, Herr Bundeskanzler.


Einen Punkt möchte ich aber keinesfalls unter den Tisch kehren, nämlich die Frage der ländlichen Entwicklung. Da geht es wirklich um bedeutende Mittel, die wir aus europäischen Fonds auch bekommen müssen, Herr Bundeskanzler, und ich finde es auch wichtig und richtig, dass Sie sich auf Schiene begeben und für diese Bereiche kämpfen werden. Das Entscheidende ist aber, dass auch die Mittel für die ländliche Entwicklung auf europäischer Ebene gekürzt werden.


Wir Grüne sind überzeugt davon, dass es durch Umschichtung im Agrarbudget, durch mehr Gerechtigkeit und mehr Ökologisierung möglich ist, mehr Geld in die ländlichen Räume zu geben, und zwar in den gesamten Bereich: von der bäuerlichen Produktion und der bäuerlichen Arbeitsplatzsicherung bis hin auch zu Elementen der Daseins­vorsorge in den Kommunen. - Und dazu brauchen wir nicht 80 oder 90 Milliarden, sondern 100 Milliarden, Herr Bundeskanzler. Dafür sollten Sie auf europäischer Ebene kämpfen! - Danke. (Beifall bei den Grünen.)


 


 


 




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