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Arbeit


BFRG und BFG 2013, UG 42 Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, UG 43 Umwelt, Rubrik 4 (Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt)
16.11.2012

Typ
Rede

Kategorie
RSS Feed Agrarpolitik



Sitzung: 24. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 181. Sitzung am 16.11.2012


Tagesordnungspunkt:  BFRG und BFG 2013, UG 42 Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, UG 43 Umwelt, Rubrik 4 (Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt) Redezeit: 15.38-15.47


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner, Kollege Eßl, hat völlig zu Recht den hohen Anteil an vergemeinschafteten Mitteln dargestellt, nämlich die EU-Mittel im Rahmen des Agrarbudgets. Das dürfen wir nicht vergessen, dass das Budget, also knapp 2 Milliarden €, zu mehr als 50 Prozent tatsächlich aus EU-Mitteln stammt. Das ist immer wieder eine etwas durchaus, sagen wir, unterbelichtete Seite des Agrarbudgets, weil in Europa eben nur dieser Bereich so hoch vergemeinschaftet ist.


Wir Grüne wünschen uns mehr vergemeinschaftete Bereiche: die Sozialpolitik, die Finanzpolitik teilweise, auch Teile der Steuerpolitik. (Zwischenruf des Abg. Mag. Schickhofer.) Das würde dann auch anders aussehen, wenn man da zu mehr Harmonisierung beiträgt. Und darum warne ich vor diesen Überlegungen, Agrarpolitik zu renationalisieren. Das ist keine Lösung. - Das ist ein Punkt. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)


Insofern muss ich feststellen, dass neben diesen Grundfragen der Agrarpolitik natürlich auch die Fragen, die wirklich national gestaltet werden, nämlich: wie ist die Verwaltung - das betrifft die Agrarmarkt Austria -, wie ist das Ministerium aufgestellt, wie macht der Herr Minister Öffentlichkeitsarbeit, wie finanziert er seine Homepage, wie bringt er die richtigen Informationen unter die Bäuerinnen und Bauern?, echte Kern­themen der eigenen Umsetzung sind. Das sind Aufgaben, die natürlich auch im Budget mit nationalen Mitteln abgedeckt werden.


Da muss ich schon sagen, Herr Bundesminister, Sie haben uns ja hier in den letzten Monaten einiges ansehen lassen. Das ist ja hier, Gott sei Dank, sehr intensiv diskutiert worden. Und der Korruptionsverdacht steht nicht nur im Raum, sondern es gibt harte Fakten, die uns noch einige Nüsse zu knacken aufgeben werden. Es zeigt auch, wie Sie Fragen zum Budget, schriftliche Fragen, beantworten, die nämlich genau in jene Richtung zielen, die auch schon diskutiert wurden.


Ich werde Ihnen eine Frage hier noch einmal stellen müssen, weil ich das Gefühl habe, dass Sie sie entweder nicht verstanden haben oder nicht beantworten wollen. Und diese Frage war:


In welcher Höhe sind im Budgetjahr 2013 Mittel für agrarische Marktberichte durch die Agrar Media Verlagsgesellschaft mbH für die Webseiten des Ministeriums vorge­sehen?


Sie erinnern sich. Das waren ja wesentliche Beträge. Sie erinnern sich, Herr Minister? Alle haben den Kopf geschüttelt. Wie ist das möglich, so viel Geld für Marktberichte, die ohnehin verfügbar sind? Und was haben Sie geantwortet? Es ist doch interessant, was der Minister darauf antworten würde. Was sagt er? Er sagt:


Auf Basis der inhaltlichen Schwerpunktplanung für das Ressort für 2013 wird ein Jahresprogramm erarbeitet. Je nach Thema, Inhalt und Zielgruppe werden dann ver­schiedene Maßnahmen geplant und im Laufe des Jahres abgearbeitet. - Zitatende.


Er hat mir also diese Frage unglaublich „präzise" beantwortet. - Kein Zusammenhang, Herr Minister! Da besteht zwischen der Antwort und der Frage null Zusammenhang. Und das ist exemplarisch. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.) Ich sage Ihnen, das ist exemplarisch dafür, wie Sie in der gesamten Agrarpolitik vor­gehen. So kann man nicht vernünftig arbeiten, so kann man weder für die öster­reichi­schen Bäuerinnen und Bauern noch für die österreichische Gesellschaft Umweltpolitik betreiben. So ist das nicht machbar.


Und jetzt kommen wir zu Van Rompuy: Das ist nämlich die Quadratur des Kreises, wo sich die ÖVP aus meiner Sicht wirklich dermaßen beschämend benimmt, weil sie eines völlig unterschlägt: Ich kann mich in eine Ecke stellen und jammern und sticheln und sagen: Furchtbar, der Rompuy-Vorschlag, er bringt unsere Bäuerinnen und Bauern um! - Das haben Sie gemacht in einer Presseaussendung. Gut, das kann ich auch durchaus mit voller Betroffenheit nachvollziehen - wir haben eine eigene Presse­aussendung dazu gemacht -, was die Auswirkung für die österreichische Landwirt­schaft wäre.


Aber das Perfide daran ist, dass Sie ja im Ministerrat sitzen, und nicht ich oder sonst jemand von den Grünen. (Abg. Hornek: Das ist ein Glück!) Und im Ministerrat haben Sie gleichzeitig als Nettozahler-Staat beschlossen, dass beim Budget auf europäischer Ebene 100 Milliarden € einzusparen sind - Ihr Parteikollege Spindelegger allen voran. Es geht darum, EU-Mittel einzusparen, und gleichzeitig wollen Sie gleich viele Mittel wie bisher für die ländliche Entwicklung bekommen?!


Ja, was ist denn das für eine Milchmädchenrechnung? Da schmunzelt sogar der Kollege Bartenstein. Sie haben das ja heute zu Recht auch kritisch angemerkt, dass das ein ziemlich schwieriger Trapezakt ist. - Der ist unmöglich, meine Damen und Herren! Ich kann nicht ausreichende Umweltmittel im Rahmen der ländlichen Entwicklung fordern und behaupten, dafür zu kämpfen, und im Ministerrat stimme ich der radikalen Kürzung des europäischen Haushaltes zu. Das ist eine kontraproduktive Position, und damit zeigen Sie, dass Sie überhaupt nicht verstanden haben, wie Europapolitik heute funktioniert. (Beifall bei den Grünen. - Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Aber er hat es verstanden!)


Nur ich hätte es verstanden, sagt der Herr Minister. - Gut, das ist seine Meinung, ich würde das gar nicht so bewerten. Aber eines habe ich zumindest verstanden, und zwar, dass es nicht ohne Diskussionen geht. Und da muss ich, ehrlich gesagt, nicht Ihnen, sondern den Kollegen von den Regierungsfraktionen im Parlament auch den Vorwurf machen, dass sie es uns nicht ermöglicht haben, ausreichend oder überhaupt ein einziges Mal in diesem Jahr im Landwirtschaftsausschuss über die tatsächlichen Vorschläge des Herrn Ministers für die erste Säule oder die zweite Säule in der Agrarpolitik zu diskutieren. Kein einziger Experte des Ministeriums wurde uns vorgestellt oder überhaupt zur Verfügung gestellt, um über diese Fragen zu diskutieren - seit Jänner nicht.


Sagen Sie nichts anderes, Herr Minister! Sagen Sie ja nichts anderes! Das ist punkt­genau die Wahrheit. Jeder weiß es. Sie haben persönlich immer wieder irgendwelche „Gschichtln druckt", aber wir haben keine einzige präzise Analyse bekommen, wie wir sie teilweise (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Was heißt „Gschichtln druckt"? Ich habe Sie normal informiert!) Ja, ich muss auch (Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich: Was heißt „Gschichtln druckt"?) Bitte? (Der Redner dreht das Mikrophon auf der Regierungsbank in Richtung des Bundesministers. - Bundes­minister Dipl.-Ing. Berlakovich: Was behaupten Sie da? - Heiterkeit und Beifall bei Grünen und BZÖ.) Da haben Sie das Mikrophon.


Sagen Sie, was Sie zu sagen haben! Gerne. Ich höre Ihnen gerne zu, denn im Ausschuss haben Sie nichts gesagt, was nur irgendwie relevant gewesen wäre. Erzählen Sie es uns! Bitte! Ich gebe Ihnen gerne zwei Minuten, ich gebe Ihnen die zwei Minuten. (Allgemeine Heiterkeit.)


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, die Geschäftsordnung steht dem entgegen. Sie wissen das. (Neuerliche allgemeine Heiterkeit.)


Sie sind am Wort - und später kann sich natürlich der Herr Bundesminister zu Wort melden. - Bitte.


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (fortsetzend): Ich wollte das hier halt ein bisschen lebendiger gestalten. Der Herr Minister hätte ad hoc ja vielleicht doch etwas zu sagen. Aber gut, ich bin sehr gespannt auf seine Wortmeldung.


Aber nun zur Sache: Wenn sich der Herr Bundeskanzler - und das hat mich gefreut, ich habe auch applaudiert - im Rahmen der Verhandlungen jetzt Ende November für Bergbäuerinnen und Bergbauern und auch für den Biolandbau in Österreich einsetzen wird, dann sage ich auch, die Botschaft ist endlich beim Bundeskanzler angekommen. (Abg. Mag. Gaßner: Die ist schon lange beim Bundeskanzler angekommen!) - Möglicherweise schon lange angekommen, sagt der Kollege.


Aber das Tragische ist, der Landwirtschaftsminister hat seit 2009 einen Bioein­stiegs­stopp verordnet. Kollege Gaßner, du weißt das. Seit 2009 kann kein landwirt­schaftlicher Betrieb in Österreich mehr neu in den biologischen Landbau einsteigen. (Abg. Ing. Schultes: Stimmt ja überhaupt nicht! Warum lügst du?)


So ist es! Ich lüge überhaupt nicht. Wenn du mich der Lüge bezichtigst, dann bitte komme heraus und berichtige mich. Seit 2009 gibt es einen Einstiegsstopp für neue Betriebe in den Biolandbau. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der FPÖ.)


 


Das weißt du ganz genau als Kammerpräsident, Kollege Schultes. Und wenn hier jemand lügt, dann bist das in dem Fall du.


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: So, meine Herren! Beide haben das Wort „Lüge" zu unterlassen. - Bitte, Herr Abgeordneter.


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (fortsetzend): Danke, Frau Präsi­dentin! Trotzdem verweise ich auf eine schriftliche Anfragebeantwortung im Rahmen der Budgetberatungen, wo nachzulesen ist, seit wann es keine neuen Biomittel mehr gibt. Ich kann dem Kollegen Schultes diese Unterlage auch gerne zur Verfügung stellen. (Beifall bei den Grünen.)


Und abschließend, damit Sie sehen, Herr Bundesminister, dass wir sehr konstruktiv sind, verweise ich auf unseren Entschließungsantrag vom 5. Juli 2012 - der ist ein­gebracht, liegt im Ausschuss, und ich hoffe, er wird auch einmal inhaltlich diskutiert werden -, wo wir zu jedem Aspekt dieser Agrarreform, sowohl zur ersten Säule als auch zur zweiten Säule, unsere Forderungen aufgestellt haben. Insbesondere haben wir dort gerade für die ländliche Entwicklung gefordert, dass die Kommission und auch der Rat und das Parlament diese Mittel durch Umschichtungen auf 100 Milliarden € aufstocken müssen. Das ist innerhalb des Agrarbudgets möglich, durch Umschichtung von der ersten in die zweite Säule, und eindeutig nicht durch dieses Katastrophen-Kürzungsprogramm, das Van Rompuy vorgelegt hat. Und verantwortlich für dieses Programm, das muss man auch dazusagen, ist ja der Rat.


Jetzt besteht die Chance, und dafür werden wir Grüne kämpfen, dass das Europäische Parlament in der Mitentscheidung genau jene Maßnahmen setzen wird, die es auch fordert, nämlich ausreichende Dotierung der Umweltförderungen, ausreichende Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums. Und da sind Sie säumig. Daher ist es ein Trauerspiel, was Sie hier aufführen, ein Trauertanz, den Sie aufführen, wenn Sie sich hier nur in die Ecke stellen und jammern, statt dass Sie Bündnisse mit jenen Regionen und jenen Ländern in Europa schließen, die für diesen Ausbau der ländlichen Entwicklung sind, wie zum Beispiel alle deutschen Bundesländer. Warum haben Sie keine Bündnisse geschaffen? Wir werden es tun. - Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)


 


 


 



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