Sitzung: 24. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 179. Sitzung am 13.11.2012
Tagesordnungspunkt: Grüner Bericht 2012 Redezeit: 15.10-15.16
Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Jakob Auer, du hast jetzt sozusagen ein Loblied auf den Grünen Bericht gesungen, auf die Beamtinnen und Beamten, die da tätig sind, und auf die Bauern und Bäuerinnen. Ich kann mich dem Lob, was den Bericht selbst betrifft, sehr wohl anschließen. Das eine ist nämlich die Analyse, und der Grüne Bericht ist die
Analyse des österreichischen Agrarsystems, wenn man bereit ist, diese Analyse überhaupt wahrzunehmen, zu lesen, zu studieren. Das ist das eine. Und da gebührt den Beamten wirklich unser aller Dank für diese gute Arbeit.
Es gibt ja ein politisches Instrument dafür, da sind auch die MitarbeiterInnen der grünen Bäuerinnen und Bauern im Rahmen der §-7-Kommission vertreten, die in Vorbereitung der jährlichen Erstellung des Grünen Berichtes tätig ist. Und in diesem Gremium sitzen auch grüne Bäuerinnen und Bauern und versuchen, auch in der Berichtslegung jene Punkte anzugehen und aufzugreifen, die wichtig sind, wie zum Beispiel die Gleichstellung im ländlichen Raum, wie zum Beispiel die Frage der Eiweißversorgung Österreichs mit gentechnikfreien Futtermitteln, um zwei Beispiele zu nennen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)
Aber, Kollege Auer, das Problem der Politik beginnt dort, wo auf Basis dieser Analysen keine konsequenten agrarpolitischen Maßnahmen gesetzt werden. Erstens einmal ist bei der Umsetzung der Empfehlungen des Grünen Berichtes der Minister säumig.
Zweitens, und das ist viel gravierender, du hast die Einkommenssituation angesprochen. Jawohl, auch ich bin der Meinung, dass die bäuerlichen Arbeitsplätze in das Zentrum, in den Mittelpunkt der Agrarpolitik gestellt werden müssen.
Warum geschieht das, bitte, nicht? Warum wird im Rahmen der GAP-Diskussion nicht klipp und klar der Arbeitsplatz Bauernhof als zentrale politische Kategorie diskutiert? - Nein, der Herr Minister geht nach Brüssel und verlangt eine noch längere Übergangsfrist. Bis 2021 will er die ungerechten Betriebsprämien in Österreich weiterziehen. Das ist ja unglaublich!
Kollege Auer, was du sagst, ist genau das Gegenteil dessen, was der Minister tut. Er will Wettbewerbsverzerrung. Der Minister will im Grunde genommen die Aufrechterhaltung eines ungerechten Agrarsystems, solange es geht. Und dagegen werden wir auftreten. (Beifall bei den Grünen.)
Kollege Auer, du hast auch die Förderungen angesprochen. Wer bekommt die Förderungen? „Standard", Jänner 2012, ich lese einige Beispiele vor: Raiffeisen Ware Austria: 2,91 Millionen € - also kein Kleinbauer, Ländliches Fortbildungsinstitut Steiermark: 3,36 Millionen €, auch nicht uninteressant, Agrarmarkt Austria Marketing: 2 Millionen €. Also die Bäuerinnen und Bauern sind unglücklich und warten immer noch auf (Abg. Huber: Wie viel bekommt Raiffeisen?) - Raiffeisen Ware: 2,91 Millionen €.
Das ist die eine Seite. Die Förderungspolitik der Europäischen Union gerade im Bereich der Direktzahlungen ist dringend reformbedürftig. Da warten wir auf Vorschläge, Herr Minister. Das ist auch skandalös, der Minister hat noch keinen einzigen Entwurf im Landwirtschaftsausschuss vorgestellt, keinen einzigen seiner Entwürfe, die er sozusagen vor sich herträgt, wobei er in der „BauernZeitung", in der Öffentlichkeit und den Journalisten erklärt, was die Zukunft ist. Aber im Ausschuss war er nicht bereit, weder die Beamten einzubinden, dass sie uns das neue Programm vorstellen, noch hat er uns selbst ausführlich über die geplanten Maßnahmen informiert.
Ich halte das für eine Art und Weise von Politik, Kollege Auer, wo du als Vorsitzender auch von mir von diesem Platz aus wirklich aufgerufen bist, alles zu unternehmen, damit wir noch im heurigen Jahr, 2012, im Landwirtschaftsausschuss eine ausführliche Analyse, sowohl was die erste Säule als auch was die zweite Säule betrifft, machen und mit den Expertinnen und Experten Gespräche führen, wie wir das seit Monaten fordern. Das ist eine Conditio sine qua non, wenn wir in diesem Bereich etwas weiterbringen wollen. (Abg. Ing. Schultes: Sag noch etwas zum Kocourek!)
Ja, zur AMA und zum Kontrollsystem. Kollege Schultes, ja, zum Kocourek kann ich schon etwas sagen: Betrug bleibt Betrug, ob im Biolandbau oder im konventionellen, das ist immer so und da werden wir mit aller Kraft dagegen arbeiten. Da kannst du dir sicher sein, und zwar mit aller Kraft gegen Betrug und gegen Korruption, auf allen Ebenen. (Beifall bei den Grünen.)
Zur AMA: Das möchte ich schon sagen, das AMA-Kontrollsystem ist ein Staat im Staat. Ich war jetzt zwei Tage auf Zypern anlässlich eines Austausches von Vorsitzenden von Agrarausschüssen. Ich bin zwar nur stellvertretender Ausschussvorsitzender, aber ich mache das gerne. EU-Kommissar CioloÅŸ hat eines klargemacht. Er hat gesagt, die Bürokratie machen nicht wir, denn es gibt Staaten, die haben zwei Seiten zum Ausfüllen, und es gibt Staaten, die haben solche Pakete. Und das hat er auch ganz offiziell einmal in Österreich gesagt. Also wenn man hier die EU beuteln will, dann sollte man zum Schmied gehen und nicht zum Schmiedl, und der Schmied sitzt in diesem Fall im Ministerium und in der AMA, und diese Herren sitzen auf einem sehr hohen Ross.
Es geht darum, wie die Bäuerinnen und Bauern derzeit behandelt werden, was die Art und Weise der Kontrolle betrifft. Wir sind ja immer als Kontrollpartei bekannt, dafür, dass wir positiv zur Kontrolle stehen, aber es geht um das Wie.
Es werden quasi schon fast die Menschenrechte verletzt. Es ist so, dass Bäuerinnen und Bauern vor die Tatsache gestellt werden, dass sie vor sieben Jahren falsch informiert wurden, aber sie die Haftung dafür tragen, weil die Kammern sie falsch informiert haben. Also das sind Tatbestände, die einfach zum Himmel schreien. Und da muss man ganz klipp und klar sagen, wir brauchen eine radikale Reform dieses Agrarsystems.
Aber Sie, Herr Minister, machen nichts anderes, als den Status quo zu verteidigen, statt endlich einmal durchzustarten und zu sagen, ja, die notwendigen Änderungen sind ein positives Signal, nämlich für die Landwirtschaft, auch für die Gesellschaft.
Wir wollen umweltorientierte Landwirtschaft. Wir wollen ökologischen Landbau ausbauen, verdoppeln, wir wollen die ländlichen Räume entwickeln, wir wollen die Synergien nutzen und die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Bäuerinnen und Bauern stärken. Und das schafft Zukunft, das schafft Vertrauen.
Was Sie machen, ist Bürokratie, das ist Terror gegenüber den Bäuerinnen und Bauern, so wie es derzeit läuft, und es ist einfach inakzeptabel. Und wir werden mit aller Kraft dagegen arbeiten, da können Sie sicher sein. - Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
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