ÖVP verbreitet Falschinformationen über Agrarentscheidungen in Brüssel
Ehemalige Europapartei kennt sich nicht aus oder verbreitet mutwillig Unwahrheit
"Ist die ÖVP in Agrarfragen jetzt die Partei der untalentierten MärchenerzählerInnen oder kennt sie sich bei den Entscheidungsprozessen in Brüssel einfach nicht aus", fragt Wolfgang Pirklhuber, Landwirtschaftssprecher der Grünen.
Zu den Ergebnissen des "Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit" hat das Lebenministerium in einer Aussendung am Freitag getitelt, "Kommissionsvorschlag zum Einsatz von Neonicotinoiden in der vorgelegten Form vom zuständigen Ausschuss abgelehnt". Bei der Abstimmung am vergangenen Freitag stimmten 13 Mitgliedsstaaten mit 173 Stimmen für den Kommissionsvorschlag und nur 9 Mitgliedsstaaten mit 93 Stimmen gegen den Vorschlag, 4 Staaten mit 79 Stimmen enthielten sich. "173 Pro-Stimmen bei 93 Gegenstimmen kann man beim besten Willen nicht als Ablehnung bezeichnen, das Landwirtschaftsministerium betreibt hier gezielte Desinformation", sagt Pirklhuber.
Wieso es vergangenen Woche dennoch zu keinem Beschluss kam, liegt daran, dass in diesem EU-Ausschuss Entscheidungen nur mit einer sogenannten Qualifizierten Mehrheit getroffen werden. Das entspricht 74 Prozent der Stimmen. Dieses Quorum wurde nicht erreicht. Nach EU-Regularien haben die Mitgliedstaaten einen Monat Zeit, doch noch einen Kompromiss zu finden. Falls dies nicht passiert, könnte die Kommission den Vorschlag einfach annehmen. "Trotz aller Bemühungen der ÖVP, wirksamen Bienenschutz zu verhindern, ist das Verbot der bienengefährlichen Beizmittel keinesfalls vom Tisch", stellt Pirklhuber klar.
Auch die Aussendung des Bauernbundpräsidenten Jakob Auer von vergangenem Donnerstag klassifizieren die Grünen als eine gezielte Falsch-Information. Dort hieß es, "Sozialdemokraten und Grüne stimmen im EU-Parlament für Benachteiligung von Bio-Betrieben". Die Europäischen Grünen hatten gegen einen Änderungsantrag gestimmt, der die Ökologisierung durch sogenannte Greening-Maßnahmen bei den Direktzahlungen der EU-Agrarförderung aushöhlen sollte. Der Kommissionsvorschlag sieht vor, dass Biobetriebe von den Greening-Auflagen automatisch ausgenommen sind. Der Änderungsantrag wollte diese Ausnahme erweitern. "Diese Erweiterung hätte die Umweltauflagen für Direktzahlungen ausgehebelt und damit wirkungslos gemacht. Das haben offensichtlich auch 25 VertreterInnen der Europäischen Volkspartei so gesehen, die mit uns gegen diesen Antrag stimmten", erläutert Pirklhuber. Durch die Ablehnung des Änderungsantrages bleibt der Kommissionsvorschlag bestehen, Bio-Betriebe bleiben also weiterhin von den Greening-Maßnahmen explizit ausgenommen. "Sollte der Bauernbundpräsident das nicht gewusst haben, sollte er sich dringlich eingehend mit den Kommissionsvorschlägen beschäftigen. Wusste er es, dann hat er mit seiner Aussendung den Boden einer kultivierten politischen Auseinandersetzung verlassen", sagt Pirklhuber.
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