Sitzung: 24. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 148. Sitzung am 28.3.2012
Stabilitätsgesetze 2012 Redezeit von 14:05 bis 14:11
Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute ist die „soziale Ausgewogenheit" - unter Anführungszeichen -, der Begriff schon mehrfach strapaziert worden. Der Kollege Jannach hat sehr gut gezeigt, wie der Agrarsektor die soziale Ausgewogenheit organisiert, nämlich Geld für den Bauernbund auf allen Ebenen, politische Macht für den Bauernbund auf allen Ebenen, und die kleinen Bäuerinnen und Bauern müssen es zahlen und dafür noch Danke sagen. So schaut die Realität aus in diesem Land. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Aber ich möchte schon auch auf die Grundversäumnisse dieses Paketes kurz eingehen, noch einmal Stichwort Finanztransaktionssteuer. Meine Damen und Herren, es ist eine richtige Maßnahme, nur wie Sie das aufsetzen, auch in Ihren Vorschlägen, ist aus meiner Sicht dermaßen, wie soll ich es sagen, blauäugig in dem Fall. Ich lese Ihnen wörtlich vor, wie Sie selbst das hier vorlegen, und zwar schreiben Sie im 1. Stabilitätsgesetz auf Seite 4: „Die Bundesregierung plant die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ab 2014 und den Abschluss eines Abkommens mit der Schweiz über eine Abgeltungssteuer ab 2013. Aus der Finanztransaktionssteuer wird ein Aufkommen von 500 Mio Euro jährlich ab 2014 erwartet, aus der Abgeltungssteuer einmalig 1 Mrd Euro im Jahr 2013 und ab 2014 50 Mio Euro jährlich." Wenn man sich das durchliest, hat man den Eindruck: Aha, so viel Geld liegt da sozusagen auf der Straße, die Bundesregierung wird die Finanztransaktionssteuer einführen, und 500 Millionen sind da. Kein Wort, nicht einmal ein kleines Fünkchen von einem Gedanken, dass da Europapolitik involviert ist, dass wir Verhandlungen führen müssen auf europäischer Ebene, dass politische Instrumente notwendig sind, die wir erst gemeinsam schaffen müssen - kein Wort davon. So etwas wird hineingeschrieben, das ist Ihr Papier. Wie sollen wir so etwas ernst nehmen, meine Damen und Herren, wenn hier Sachen vorgelegt werden, die sachlich in dieser Form einfach falsch sind? Sie sind falsch, weil sie so nicht umgesetzt werden können - das vorneweg. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Dann ein Punkt zu den Dienstautos und zu den Prioritäten: Kollege Donabauer hat gesagt, wir sollen Vorschläge machen. Wir haben einen konkreten Antrag zu diesem Punkt heute eingebracht: 8 Millionen € für Dienstautos - nein! Dafür gibt es einen Antrag, da kann der Kollege Donabauer heute mit uns stimmen und diesen Nonsens abstellen. Das ist das Nächste. Weiters hat Kollege Öllinger mehrfach in der Debatte eingebracht, dass die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger eine richtige und weichenstellende Maßnahme wäre, die langfristig Kosten senkt, einheitliche Standards schafft und damit auch das Leistungsvolumen für alle BürgerInnen harmonisiert. (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.) Ja, das sind Vorschläge für Reformen, das wäre ein Reformpaket. Wenn Sie sagen, wir haben keine Vorschläge, dann muss ich Ihnen sagen: So ist es nicht! Wo bleibt Ihr Vorschlag, wenn es um Eingriffe in Spitzenpensionen geht, über 10 000 €? Das wäre an die Adresse des ÖVP-Bauernbundes zu stellen. Wenn Sie die kleinen Bäuerinnen und Bauern massiv belasten, aber die Spitzenbeamten, Pensionsempfänger über 10 000 €, unberührt lassen, dann zeigt das auch auf, wie in Ihrer Organisation derzeit die Diskussionskultur läuft: Die da oben werden geschützt, die da unten werden geschröpft. So schauts aus! Noch ein Wort zu den wirklich tiefen Einschnitten im Agrarbereich. Also wir haben den Agrardiesel abgeschafft, wir haben die Sozialversicherungsbeiträge erhöht, wir haben die Grundsteuer erhöht, wir haben das Bewertungsgesetz geändert. Meine Frage im Ausschuss an den Landwirtschaftsminister war, wie er gedenkt, diese Eingriffe - die ja alle Bäuerinnen und Bauern betreffen und die auch bei den kleinen Betrieben natürlich einen massiven sozialen Druck auslösen werden - abzufedern. Keine Antwort, wobei die Antwort auf der Hand liegt, meine Damen und Herren. Die Agrarreform 2014 bis 2020 ist die Möglichkeit, die Agrarpolitik gerechter zu machen und damit auch den Bäuerinnen und Bauern, die da so belastet werden, auch entsprechend einen Ausgleich wieder zu sichern. Kein Wort von der ÖVP in diese Richtung. Nun zum Umweltbereich: Wir haben einen Minister, der Green Jobs ganz oben inseriert - der Kollege Öllinger hat es schon erwähnt heute -, mit Konterfei und allem, aber eine Politik betreibt, die genau das Gegenteil in der Praxis ist. Er ist verantwortlich für den Zukauf von Emissionszertifikaten im Ausmaß von zusätzlich 35 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent - Mehrkosten von 80 Millionen €. Beim Umweltbundesamt, ein Spitzeninstitut für die Umweltpolitik in Österreich, wird eingespart, nämlich wesentlich eingespart. Dort sollen 400 000 € eingespart werden. Der Bauernbund wurde schon erwähnt, allein die Parteizeitungen der ÖVP, die Wochenzeitungen, erhielten 2011 250 000 €, und zwar die Raiffeisen-Zeitung, die Bauernzeitung der ÖVP und „Unser Land" aus der Steiermark, ebenfalls eine Bauernbundzeitung, zu dritt - drei Parteizeitungen der ÖVP 250 000 €. (Zwischenruf bei der FPÖ. - Abg. Huber: Unglaublich!) Wo bleibt der Vorschlag des Kollegen Auer, dort 250 000 € zu sparen? (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wer liest denn das alles? - Zwischenruf des Abg. Eßl.) Meine Damen und Herren, unglaublich, wie phantasielos Sie sind und gleichzeitig wie machtorientiert und machtgeil, das muss man sagen. Ihre Institutionen werden finanziert; die Betroffenen werden es Ihnen danken. Abschließend möchte ich noch folgenden Antrag einbringen: Abänderungsantrag der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Pirklhuber, Freundinnen und Freunde Der Nationalrat wolle beschließen: „Das Bundesgesetz betreffend das 2. Stabilitätsgesetz 2012 in der Fassung des Berichtes des Budgetausschusses (1685 d.B.) wird wie folgt geändert: Im 8. Hauptstück entfällt Artikel 84." ***** Es geht dabei darum, dass die Kürzungen beim Umweltbundesamt zurückgenommen werden. - Danke schön. (Beifall bei den Grünen. - Zwischenruf des Abg. Eßl.)
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