Sitzung: 24. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 88. Sitzung am 01.12.2010
Tagesordnungspunkt: Fortsetzung der Tagesordnung (Bundesfinanzgesetz 2011) Redezeit: 18:26-18:33
Meine Damen und Herren! Einige Stunden dieser Budgetdebatte haben wir schon hinter uns gebracht (Zwischenruf bei der FPÖ), aber ich möchte noch einmal auf den konkreten Punkt zurückkommen, darauf, worum es bei diesem Budget eigentlich geht. Es ist ein Budget mitten in der Krise. Die Krise ist noch lange nicht vorbei. Und ich möchte auf das zurückkommen, was mein Kollege Kogler ganz am Anfang gesagt hat, nämlich die Krise als Chance nutzen. Das wäre eigentlich die Herausforderung. Das ist doch eigentlich der Prüfstein für dieses Budget. Wenn Minister Pröll in seiner Budgetrede und auch heute immer wieder gesagt hat, vergleichen wir uns doch mit den anderen Staaten, dann sage ich: Natürlich ist das möglich, keine Frage. Aber: Ist es nicht viel logischer, viel bindender und viel nachvollziehbarer, sich an den eigenen Maßstäben zu messen, sich an dem zu messen, was Ziel einer guten Politik in Österreich ist oder sein sollte? Wir stehen ja nicht an, die positiven Elemente anzusprechen. Wir haben das auch mehrfach getan. Ich erinnere: Flugticketabgabe - ja, warum nicht? Mineralölsteuererhöhung - wenn notwendig, weil Steuerung weg von fossiler Energie hin zu erneuerbarer Energie, auch richtig. Aktiengewinnbesteuerung - no na net. Aber das Ausmaß einer grundsätzlichen Neuorientierung der Steuerpolitik ist in diesem Budget nicht sichtbar. (Beifall bei den Grünen.) Es ist nicht sichtbar, dass hier ein neuer politischer Impuls von Ihnen geplant ist, dass ein neuer politischer Ansatz da ist, um nämlich genau das zu tun, worum es geht: die Krise bestmöglich zu meistern. Das ist die Herausforderung. Der Herr Minister hat es ansatzweise angesprochen. Er hat gesagt: Gefährden wir den Euro nicht, sonst gefährden wir ganz Europa. - Ja, aber was ist notwendig dafür? Er hat nicht gesprochen über die Regulierung der Finanzmärkte, die mehr als zwingend, ja dringend ist, zu der es aber nicht mehr als Lippenbekenntnisse gibt. Und auch in Österreich geht nichts weiter, was die Regulierung der Finanzmärkte betrifft. Er hat auch nicht davon gesprochen, welche Beiträge transnationale Unternehmungen und Konzerne für das Gemeinwohl in Zukunft leisten sollten. - Stichwort Gruppenbesteuerung; all diese Privilegien über die letzten Jahre, Herr Kollege Hundstorfer, die Fakten sind. Das sind Fakten. Da werden immer noch - auch in der Krise - Milliardengewinne geschrieben, andererseits bluten die öffentlichen Haushalte. Das macht keinen Sinn. Krise würde bedeuten: jetzt umsteuern, eine ökosoziale Umsteuerung, die ja direkt aufgelegt war im Vorfeld. Sie haben es vermieden, diesen Disput mit der österreichischen Bevölkerung und mit den Interessenorganisationen im Sommer zu beginnen. Sie haben all diese Dinge auf die lange Bank geschoben, und kurz vor Jahresende muss alles gleich geschehen. Und da passieren Ihnen noch dazu genug Pannen und Pleiten in diesem Prozess. Leider! Die arbeitsmarktpolitischen Impulse für mehr Beschäftigung, Herr Minister Hundstorfer, wo sind sie denn wirklich, wenn man die Kleinen belastet, wenn man die Familien belastet, wenn man die Studenten belastet? Wo sind die Ansätze für Forschung und Innovation, die wirklich Impulse geben, die vorausschauend sind? (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Herr Kollege Rädler! Verwaltungsreform ist überhaupt das Stichwort, das Sie nie wieder im Mund führen sollten. „Alle reden von der Verwaltungsreform, wir leben sie", sagt und schreibt der Herr Minister, und dann sagt er, wie das Projekt heißt: Projekt Deregulierung. Das ist für ihn Verwaltungsreform. Das ist ja traurig, meine Damen und Herren, mehr als traurig! Das ist ein völlig falsches Wording. Better regulation auf europäischem Level würde ganz etwas anderes bedeuten: gläserne Verwaltung, Effizienz, ein gutes Service für die Bürgerinnen und Bürger. - Da fehlt alles! Kein Wort dazu, wie öffentliche und kommunale Wirtschaft schlagkräftig und besser organisiert werden könnte. Einsparungspotenziale, Investitionsmöglichkeiten und regionale Wirtschaft, Kollege Rädler, ein wichtiger Impuls für den ländlichen Raum - auch dazu nichts. Stiftungen, Entwicklungszusammenarbeit - das ist ein einziges black hole. Die Stiftungen haben nach wie vor diese leichten Erhöhungen bei der Zwischenbesteuerung, aber über den Stiftungszweck - wozu überhaupt Stiftungen, ihre Verantwortung, wenn überhaupt einmal so viel Kapital angehäuft wurde, eine Zweckbindung für Gemeinnützigkeit, für Soziales, für Forschung, für Entwicklung in dieser Gesellschaft - gibt es nicht einmal den Ansatz einer Diskussion in diese Richtung, und das ist ehrlich gesagt mehr als traurig. Sie, Herr Bundesminister Stöger, haben ja auch einiges miterleben müssen. Der Beitrag für die Lebensmittelsicherheit, die Lebensmittelqualitätskontrolle, die AGES-Beiträge - das alles ist herausgenommen worden aus den Begleitgesetzen zum Budget, das ist gestrichen worden. Damit werden wir uns erst nächstes Jahr beschäftigen. Das wird eine heftige politische Debatte. Die hätte man heuer sauber lösen sollen, damit die Lebensmittelkontrolle auch nächstes Jahr noch gesichert ist. Abschließend, meine Damen und Herren: Ein Satz ist meiner Ansicht nach wirklich absolut enthüllend. Es ist ein klares schwarzes Bekenntnis, und vor allem zeigt sich in der Analyse, dass es in eine Richtung weist, die nur eine falsche sein kann. Dem Satz „Arbeit muss sich lohnen" würde ich sofort zustimmen. Bei „Eigentum darf nicht bestraft werden" kann man schon diskutieren, was gemeint ist. Wenn nämlich damit gemeint ist, dass ein Konzern wie Raiffeisen Niederösterreich in den Jahren 2006 bis 2008 einen Gewinn von 739 Millionen € schreibt - 739 Millionen €! - und nicht nur null Steuern zahlt, sondern eine Steuergutschrift von 21,6 Millionen € bekommt, meine Damen und Herren, dann ist das ein Affront der gesamten österreichischen Bevölkerung gegenüber! Und das ist eigentlich die Schande für dieses Budget und für Ihre Politik. - Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Gaßner. - Abg. Mag. Gaßner: Ich darf nicht laut klatschen!)
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