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Dringliche Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­kanzler betreffend das Versagen der österreichischen Bundesregierung in der Anti-Atom-Polit
22.03.2011

Typ
Rede

Kategorie
RSS Feed Sonstiges



Sitzung: 24. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 98. Sitzung am 22.03.2011


Tagesordnungspunkt: Dringliche Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­kanzler betreffend das Versagen der österreichischen Bundesregierung in der Anti-Atom-Politik (7984/J) Redezeit: 15:06-15:16


Meine Damen und Herren! Werter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Die Kollegin von der ÖVP hat ja jetzt wirklich salbungsvoll von der Verantwortung gesprochen. Ich bin etwas überrascht. Frau Kollegin, wann haben Sie denn diese Rede geschrieben? Das muss schon vor einigen Tagen gewesen sein (Zwischenruf der Abg. Fürntrath-Moretti), auf jeden Fall vor dem Rücktritt Ihres Parteikollegen Ernst Strasser, denn diese Art von Zynismus, die bei Ihnen herrscht, dass nämlich offensichtlich jene anschaffen, die zahlen - und dafür gibt es ja inzwischen genug Belege -, und Sie dann am heutigen Tag auch noch das Wort „Verantwortung" in den Mund nehmen, ist schon gewaltig. Das, was Sie da von sich geben, ist sehr ironisch! (Beifall bei den Grünen.) Aber in einem Punkt - wir haben ja schon genug Argumente ausgetauscht - gibt es Konsens: Der Ausstieg aus der Atomenergie ist notwendig, ist erforderlich! Das ist Konsens in der österreichischen Bevölkerung und Zivilgesellschaft und auch in der österreichischen Politik, aber wo es mangelt - und da müssen wir ansetzen -, ist bei der Umsetzung, bei der Art der Umsetzung. Letztlich ist die Abhängigkeit von fossiler Energie und atomarer Energie die echte Zeitbombe, die derzeit tickt - sie tickt auf allen Ebenen der internationalen Politik. Wir haben sie tagtäglich vor uns auf dem Bildschirm. Meine Damen und Herren, das ist eigentlich der Wahnsinn und die Herausforderung, weil wir diesen Ausstieg glaubhaft leben müssen. Das ist die Herausforderung, vor der diese Bundesregierung steht. Wir brauchen ein klares Signal, nämlich ein Signal für den Einstieg in das solare Zeitalter, den Einstieg in eine solare Revolution. Das ist eine Revolution, meine Damen und Herren. Warum? - Weil man die gesamte Energieversorgung unserer Gesellschaft auf neue Füße stellen muss, und zwar mit einigen ganz konkreten Eckpunkten: Sie muss bürger-/bürgerinnenfreundlicher werden, weil Solarenergie dezentral ist, und das ist Krisenvorsorge, weil Energie in den Gemeinden, vor Ort produziert werden kann. Wir müssen endlich auch in den Bereich Energieeffizienz einsteigen. Bis heute gibt es keine verbindlichen Ziele hinsichtlich der Energieeffizienz. Meine Damen und Herren von der ÖVP, das ist die Herausforderung auch im Zusammenhang mit dem Ausbau erneuerbarer Energien. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) Zuerst einmal heißt es, Energieeffizienz wirklich umzusetzen, tagtäglich zu leben und in konkrete Maßnahmen zu gießen. Und dazu haben Sie, Herr Bundesminister Berlakovich, bisher nichts beigetragen. Es gibt bis heute keine verbindlichen europäischen Normen für mehr Energieeffizienz, es gibt keine verbindlichen Ziele dafür, und das ist eigentlich das traurige Kapitel: dass Sie als Umweltminister sich vor die österreichische Bevölkerung stellen, auch vor uns - und das jetzt schon eine Zeit lang -, immer wieder von Energieautarkie sprechen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grillitsch), dann aber, wenn es darum geht, Nägel mit Köpfen zu machen, mit alten Ideen aus der Mottenkiste kommen. Das ist doch Faktum. Ihr Stresstest ist der Stress, den Sie vielleicht haben, weil Sie keine neuen Ideen und keine Bündnisse zusammenbringen. Dass diese Technologie mehr als unsicher ist, dass diese Energieform atomare Energie die Krisentechnologie, die Risikotechnologie schlechthin ist, ist ja auch kein Geheimnis. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich.) - Sie glauben, dass ich damit unglaubwürdig bin, habe ich so mit einem Ohr gehört. Schauen Sie, es wird nicht besser, wenn Sie ganz einfach eine PR-Aktion nach der anderen durchführen, und dann stellt man sich hin und fragt die Bevölkerung. Was hat sich geändert? (Abg. Grillitsch: Wolfgang, Wasserkraft!) Der Herr Bundesminister fährt durch die Gegend, verkündet immer wieder die Energiewende und alles Mögliche, und wenn man dann fragt: Wo ist das Ökostromgesetz? Wo sind die Effizienzziele? Wo ist die Ausstiegskonferenz aus der Atomenergie?, dann heißt es schweigen, dann heißt es den Kopf in den Sand stecken, sich hinter dem Bundeskanzler verschanzen, sich hinter dem Vizekanzler verstecken, vor dem Wirtschaftsminister davonrennen. - Das ist die Politik, die Sie seit Jahren betreiben, und das können wir nicht unterstützen. (Beifall bei den Grünen. - Abg. Grilltisch: Pirklhuber, warum bist du gegen Wasserkraft?) Noch zu einem Punkt, der inhaltlich noch nicht diskutiert ist, nämlich zur Verseuchung der Lebensmittel. Werte Kolleginnen und Kollegen, das ist eigentlich die langfristige Katastrophe, die da drinsteckt, weil sich radioaktive Strahlung, weil sich atomare Partikel in der Nahrungskette anreichern, und das bedeutet, selbst wenn das Containment und alles irgendwie in Sand und Beton gegossen wird, schlussendlich wird die Radioaktivität über die Meere und so weiter auch in die Nahrungskette gelangen, und über den globalen Handel bis zu uns. (Abg. Grillitsch: Was spricht eigentlich gegen Wasserkraft?) Werte Kolleginnen und Kollegen, das ist auch die Nagelprobe für die europäische Importpolitik bei Lebensmitteln. Man wird schauen müssen, wie die radioaktive Belastung in diesem Bereich zunehmen wird. Warum ist denn die österreichische Bundesregierung wirklich so unglaubwürdig? Beide Fachminister haben heute hier zur europäischen Strategie Stellung genommen. Es wurde schon erwähnt - und kann nur immer wieder wiederholt werden -, dass man sich in der derzeitigen EU-Energiestrategie 2020 in Sachen Kernkraft eindeutig positiv äußert. (Abg. Grillitsch: Warum seid ihr gegen Wasserkraft?) Diese positive Formulierung ist einem Abgeordneten dieses Hauses geschuldet, nämlich Altbundeskanzler Wolfgang Schüssel, der sich 2006 als Ratspräsident dafür starkgemacht hat, dass Atomkraft als CO2-arme Energiequelle in das Energiepaket mit hineingenommen wurde. Ich werde jetzt noch einmal aus dieser EU-Energiestrategie zitieren. Es ist einfach notwendig. Der Herr Bundesminister hat das immer noch nicht gelesen, ich muss es ihm daher vorlesen: „Derzeit beruhen nahezu 45 % der europäischen Stromerzeugung auf CO2-armen Energiequellen - überwiegend Kernenergie" - sic! - „und Wasserkraft. In bestimmten Teilen der EU könnte bis 2020 wegen der begrenzten Lebensdauer der betreffenden Anlagen" - gemeint sind die Kernkraftwerke - „mehr als ein Drittel dieser Erzeugungskapazität wegbrechen. Dies bedeutet, dass die vorhandenen Kapazitäten ersetzt und ausgebaut [...] werden müssen." Meine Damen und Herren, das steht in dieser Strategie, hinter der sich dieser Bundesminister als Umweltminister immer wieder verschanzt und behauptet, dort werden die erneuerbaren Energien vorangetrieben. Faktum ist, die Kommission - und diese EU-Energiestrategie - steht zu hundert Prozent hinter der Kernenergie. In der „Aktion 2" heißt es: Die EU wird „ihre Führungsrolle im Bereich der sicheren Kernenergie" behalten müssen und sollte „zur verantwortungsbewussten Nutzung der Kernenergie weltweit beitragen". Das ist die offensive Strategie der Kommission, die EU-Energiestrategie für mehr Kernkraft in Europa - und dieser Bundesminister hat bisher keine Worte gefunden, auch heute nicht, diese Strategie zu hinterfragen, zu kritisieren. - Das ist doch das Erste, was ich mir von ihm erwarte! (Abg. Grillitsch: Wir erwarten uns von dir, dass du jetzt einmal sagst, dass du für Wasserkraft bist!) Wer wirklich für erneuerbare Energien ist, der muss diese Strategie infrage stellen. Da glaube ich ja dem Bundeskanzler noch eher, dass er sich zumindest für eine europäische Bürgerinitiative einsetzen wird, und dabei hat er auch unsere Unterstützung. Auch da könnten Sie viel tun. Auch da habe ich gewartet. Werden Sie eine europäische Bürgerinitiative und die Voraussetzungen dafür in Österreich rasch schaffen, sodass es einfach für die BürgerInnen wird, beizutreten, mitzumachen, ohne bürokratische Hürden? - Auch dazu kein Wort. Lippenbekenntnisse auf der einen Seite: Ja, ja, wir wollen ein Volksbegehren, eine Volksbefragung, eine Abstimmung!, aber wenn es um die Nägel geht, die man mit Köpfen versehen muss, wenn es darum geht, diese Möglichkeit in Österreich wirklich zu schaffen, und zwar unbürokratisch, haben Sie auch versagt. (Abg. Grillitsch: Herr Kollege Pirklhuber, zur Wasserkraft! - Abg. Mag. Schönegger: Ein Wort zur Wasserkraft! - Abg. Grillitsch: Einen Satz zur Wasserkraft!) Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich sagen: Raus aus der Euratom-Geschichte bedeutet rein in erneuerbare Energien. Da braucht es eine europäische Initiative. Ich fordere Sie auf, Herr Umweltminister, eine europäische Ausstiegskonferenz in Wien zu organisieren, Ihr Ressort zu nutzen, die Kolleginnen und Kollegen jener Länder nach Wien einzuladen, die derzeit auch noch ohne Atomkraft arbeiten. Da gibt es sieben, acht Länder, die ganz zweifelsfrei noch ohne Atomenergie sind, die auch nicht beabsichtigen, Atomkraftwerke zu installieren. Da haben Sie bisher nur eines von sich gegeben: Es steht 26 : 1. Sie haben noch keinen Schritt gesetzt, jene Länder ins Boot zu holen, die so wie wir keine Atomkraft im eigenen Land haben. (Abg. Mag. Schönegger: Einmal „Wasserkraft"!) Abschließend: Die konkreten Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof werden mehr als überfällig. Es ist doch möglich, wegen Temelín, wegen Isar 1 und auch wegen anderer unsicherer Kernkraftwerke an der Grenze eine entsprechende Unterlassungsklage vor dem Europäischen Gerichtshof einzubringen. Auch das wäre ein Gebot der Stunde. - Sie machen nichts. Kopf in den Sand und Lippenbekenntnisse, das ist zu wenig! (Beifall bei den Grünen. - Abg. Mag. Schönegger: Einmal sagen: „Wasserkraft"!)


 




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