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3. Konferenz - Gentechnikfreie Kennzeichung - GMO-free-Regions

04.02.2010

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3. Konferenz "gentechnikfreie Kennzeichnung, Qualitätserzeugungen und landwirtschaftliche Strategien der Regionen"

 

Schwerpunkt dieser Konferenz war die Frage, wie das Engagement der Regionen für gentechnikfreie Lebensmittel weiter gestärkt werden könne. Das Netzwerk das im Jahr 2003 von der Toskana und Oberösterreich federführend gegründet wurde umfasst bereits mehr als 50 politische Regionen Europas, alle Bundesländer Österreichs, Regionen aus Belgien, Kroatien, Frankreich, Italien, Griechenland, Spanien und Großbrittanien.

Das Netzwerk kooperiert mit dem europäischen Parlament, mit dem Komitee der Regionen und den zivilgesellschaftlichen Akteuren für eine gentechnikfreie Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion.

Gebäude der Regionen in Brüssel - Zentrum

Die Anreise ist wie immer ein wenig mühsam, da ich mir nach wie vor einbilde, dass Brüssel auch mit dem Nachtzug erreicht werden kann. Leider gibts keinen direkten Nachtzug, der um etwa halb Neun in der Früh in Brüssel ist - eine Geschichte, die ich einfach nicht verstehe, da jede Konferenz so gegen 9 Uhr mit dem Einchecken beginnt.....! So bleibt mir nichts anderes übrig, als um Mitternacht eine Zwischenstation in Köln einzulegen und dann mit dem Morgenzug pünktlich anzureisen!

Eröffnet wird die Konferenz von Pascal Loget - Vizepräsidentin des Regionalforums der Bretagne - bei den ersten RednerInnen ist auch Martin Häusling dabei - er ist der neue Europa-Abgeordnete und Biobauer aus Hessen, der sich mit dem Thema Gentechnik intensiv schon länger beschäftigt - zur Gründung des Aktionsbündnis "Gentechnikfreies Hessen" hatte er mich vor einigen Jahren eingeladen...

Der Sitzungssaal ist modern ausgestattet. Auf jedem Sitzplatz befindet sich ein Flachbildschirm auf dem die Präsentationen bestens verfolgt werden können. Die Konferenz wird in mehreren Sprachen übersetzt - ich versuche jedoch großteils die Präsentationen in den jeweiligen Sprachen - vor allem Englisch, Französisch und Spanisch mitzuverfolgen.

In einem ersten Teil berichten die ReferentInnen der verschiedenen europäischen Regionen über ihre spezifischen Qualitätsproduktionen. Auffällig ist dass die romanischen Länder - insbesondere Frankreich und Italien besonders viele Produkte mit geschützter Ursprungsbezeichnung g.U. (Appelation d'Origine Protégée AOP) und geschützter geographischer Angabe g.g.A. (Idication Geographique Protégée IGP) besitzen.

Weiters zeigt sich, dass in jenen Regionen auch der Biolandbau besonders ausgeprägt ist. Italien mit seinen 49972 Biobetrieben (Zahlen aus 2008) ist in Absolut-Zahlen die Nummer 1 in Europa. In der Emilia Romagna, die sich von Piacenza bis Rimini erstreckt, wirtschaften 3843 Biobetriebe und produzieren auf 7 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche. 

Die Qualitätslabels dieser Regionen wurde in den letzten Jahren verstärkt mit dem Qualitätsmerkmal "Gentechnikfrei" verbunden. So sind alle Produkte der Region Marché (Italien), die mit dem Label ausgezeichnet werden automatisch auch Gentechnikfrei.

 

In einigen französischen Regionen haben sich die regionalen Lenkungsgremien auf sehr strenge gentechnikfreie Produktionsbedingungen verständigt. Besonders in der Region Rhone Alpes liegen einige Gebiete, die sich verstärkt auch der gentechnikfreien Fleisch- und Milchproduktion verschrieben haben. Eric Arnou, Präsident der Kommission für ländliche Entwicklung und Landwirtschaft der Region Rhone-Alpes und sein Kollege Christian Moyerson erläutern anhand des Parc Naturel regional des Monts d'Ardeche, wie schrittweise die Produktion des Ziegenkäses auch auf gentechnikfreie Fütterung umgestellt wurde. Angrenzend im Gebiet Comté, wo es die höchste Dichte an Biobetrieben in Frankreich gibt bestehen strenge Auflagen für die Milchviehhaltung: Strikte Flächenbindung ( 1 Kuh auf 1 Hektar), Verbot von Silagefütterung und ausschließlich Verwendung von gentechnikfreien Zukaufs-Futtermitteln.

Etwas unterschiedlich davon die Entwicklung im Gebiet mit der intensivsten tierischen Veredelung in der Bretagne. Pascal Loget erläutert, dass in der Bretagne 57 % der Schweine-, 38 % der Geflügel- und 25 % der Schlachtkälber-Produktion Frankreichs stattfindet. Die Region importiert derzeit 2,2 Mio Tonnen Soja jährlich. Interessanterweise sind davon immerhin 450 000 Tonnen Gentechnikfrei. Besonders einige Qualitätsmarken haben sich darauf spezialisiert: Geflügel (Duc) und Schweine (Fermiers de L`Argoat). Dafür wurde in der Region viel Bewußtseinsarbeit gemacht und ein Gentechnikfrei-Label und Sticker entwickelt:

 

Die deutsche bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch-Hall (BESH) und der Verband Neuland konnten zeigen, dass sowohl im Bio- als auch im konventionellen Bereich Fleisch- und Fleischprodukte erfolgreich erzeugt werden und bei den KonsumentInnen sich steigender Beliebtheit erfreuen. Bei Neuland sind auch Tierschutz- und Umweltschutzorganisationen unterstützend eingebunden. Die Futterbasis für die Tiere kann aus lokaler oder regionaler Produktion gentechnikfrei bezogen werden. Derzeit gibt es in Deutschland eine Vielzahl an verschiedenen GVO-frei-Labels, daher hat das Landwirtschaftsministerium ein eigenes Label für Gentechnikfrei-Produkte in Deutschland vorgeschlagen:

Gibt es genug Gentechnikfreie Futtermittel?

Herausforderung bleibt die grundsätzliche Möglichkeit die europäische Viehwirtschaft mit ausreichenden Mengen an Eiweißfuttermitteln zu versorgen. Eine ausgezeichnete Studie des WWF Frankreich wird von Boris Patentreger vorgestellt. Diese Arbeit, die sich mit der Möglichkeit der eigenständigen Einweißversorgung Frankreichs bzw. der europäischen Union beschäftigt, zeigt auf, dass Europa mittelfristig von Eiweißfuttermittelimporten abhängig sein wird. Derzeit beträgt das Eiweißdefizit 77 % und ist die letzten Jahrzehnte beständig gestiegen. Nur 3 % der Ackerflächen Frankreichs werden derzeit mit Einweißfutterpflanzen (Leguminosen) bebaut. Gemäß dieser und einer weiteren Studie ist der Aufbau einer eigenständigen Versorgung zwischen 40-65 % des derzeitigen Verbrauches möglich. Allerdings plädiert der WWF zu Recht an die KonsumentInnen in Europa schrittweise weniger und qualitativ höherwertige Fleischprodukte zu konsumieren. Darüberhinaus verlangt die Umweltorganisation eine weitreichende Reform der EU-Agrarpolitik hin zu einer echten langfristigen Lebensmittelsicherheit. Ein wichtiger Baustein dabei sollte ein europäischer Einweißplan sein! 

 

Blick aus dem Konferenzsaal in Richtung EU-Parlament, direkt davor die bayrische Vertretung in Brüssel.

 

Bleibt also auch mittelfristig die Frage woher dann gentechnikfreies Soja nehmen? Die VertreterInnen aus Brasilien, Indien, der Ukraine und den USA erläutern dass es derzeit immer noch ausreichende Mengen an gentechnikfreiem Soja gäbe - es geht einfach darum dies zu realisieren - die Verunreinigungstoleranz von kleiner 0,1 % ist derzeit praktisch umgesetzt. Der weltgrößte Zertifizierer von GMO-free Soja, John Fagan von Cert-ID erläutert die aktuellen Zahlen: Seine Organisation zertifiziert derzeit ca. 2,7 Mio Tonnen gentechnikfreies Soja, weitere 2,5 Mio Tonnen wären disponibel - in Summe 5,2 Mio Tonnen - dies entspricht etwa 15 % des europäischen Bedarfs. Er rechnet vor, dass mit den anderen Herkünften etwa 30-50 % des Bedarfes abgedeckt werden könnte. GMO-free-Soja ist daher keine Nische, sondern schon jetzt ein wichtiger Markt.

Besonders interessant erscheinen mir die Erläuterungen des indischen Kollegen, der plausibel darlegt, dass in Indien auch der Import von GVO-Soja zu Futterzwecken verboten ist. Der gentechnikfreie Anbau von Soja wächst in Indien daher sehr rasch - die Produkte daraus - wie z.B. Lecithin finden einen sehr guten Absatz. Auch die Ukraine mit einer Jahresproduktion von 1 Mio Tonnen Sojabohnen ist dabei zu einem wichtigen Player für den mitteleuropäischen Futtermittelmarkt zu werden.

Der amerikanische Herausgeber des Journals "The Organic and non-GMO report" Ken Roseboro analysiert den globalen Markt für gentechnikfreies Soja. Auch in den USA wächst der Anbau von GVO-freiem Soja seit kurzem wieder und beträgt derzeit 2,8 Mio Tonnen.

Ein amerikaisches Label für GMO-Free-Produkte

Das irische Label für GMO-Free-Produkte

 

 

in der Mitte: Markus Schörpf, Obmann der ARGE Gentechnikfrei

Eine der am längsten am Gentechnikfrei-Markt aktive Organisation ist die ARGE Gentechnikfrei aus Österreich. Markus Schörpf, Biobauer und Obmann der ARGE stellt die österreichische Erfolgsgeschichte, die von Bäuerinnen und Bauern, den Lebensmittelketten und den KonsumentInnen getragen wird vor. Bereits mehr als 650 Lebensmittel werden mit diesem Logo gekennzeichnet:

 

 

 

Politische Schlussfolgerungen

 

Rudi Anschober, dahinter seine Mitarbeiterin Birgit Reiner

In der politischen Schlussrunde obliegt es einmal mehr Rudi Anschober, Grüner Landesrat aus Oberösterreich in seiner Präsentation auf die Herausforderungen der Zukunft einzugehen (siehe Download):

1) Selbstbestimmungsrecht der Regionen (= Subsidiarität) endlich durchsetzen

2) Wahlfreiheit für alle: Produzent - Handel - KonsumentInnen

3) Erhöhung der Produktion von GVO-freien Futtermitteln in Österreich + Schließen der Versorgungslücke bei Soja durch

   Vertragsproduktion von GVO-freien Futtermitteln innerhalb und außerhalb Europas

4) Klare Entscheidung notwendig: Eine Kennzeichnung aller Anwendungen der Gentechnik über den gesamten Herstellungsprozess auf   dem Endprodukt ist erforderlich

5) Umsetzung einer umfassenden EU-weiten einheitlichen Positiv-Kennzeichnung, damit gentechnikfreie Qualitätsprodukte leicht   erkennbar sind

6) Verstärkte Bewusstseinbildung bei allen Partnern und KonsumentInnen

7) Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Weiterführung eines strengen Monitoring- und Kontrollsystems

 

Einige andere Impressionen aus Brüssel - Zwischen den Welten!

Am Rande der Konferenz war es mir auch noch möglich bei der DG AGRI (Generaldirektion Landwirtschaft der EU) mich über die aktuelle Entwicklung in Sachen EU-Agrarreform zu informieren. Gleich unmittelbar daneben in einer U-Bahn Passage stolpert man über die Obdachlosen Brüssels.

Schlafstelle eines Obdachlosen

 

 

 

EU-Kampagne gegen Armut: Halte a la pauvreté!

 

Dass sich das Flair der Brüsseler Verwaltungszentrale der EU verändert wird mir immer bewußter. Vor 10 Jahren bei den ersten Grün-Meetings auf denen ich in Brüssel teilgenommen habe, war die Stadt noch eine Großbaustelle. Heute schillern diverse Großbauten und Hochhaus-Konglomerate mondän in den Abendhimmel.

 

 

Zukunft der gentechnikfreien Regionen

 

Die Chancen der gentechnikfreien Lebensmittel sind sehr groß. Die KonsumentInnen stehen zu mehr als 80 % hinter uns. Es ginge jetzt darum für die nächste Periode der Agrarpolitik nach 2013 einen echten "System-Wandel" herbeizuführen. Gentechnikfreie Landwirtschaft muss zur guten landwirtschaftlichen Praxis in Europa werden. EU-Agrarförderungen und Gentechnikeinsatz schließen sich aus!

 

 

 

Für eine gentechnikfreie Landwirtschaft in Europa!

 

Für eine grundlegende Reform der EU-Agrarpolitik im Interesse der Lebensmittelsicherheit!



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