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Arbeit


Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 7737/AB
18.05.2011

Typ
Rede

Kategorie
RSS Feed Lebensmittelsicherheit



Sitzung: 24. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 107. Sitzung am 18.05.2011


Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 7737/AB Redezeit: 15:31-15:41


Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Werte Zuhörinnen und Zuseher auf der Galerie! Ich werde die Besprechung dieser Anfragebeantwortung mit einem Zitat beginnen: Wenn die Bienen verschwinden, hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben. - Eine Quizfrage. (Abg. Mag. Molterer: Was?) - Kollege Molterer schmunzelt. Wahrscheinlich weiß er, wer diesen Satz gesagt hat. Ich höre, ich warte auf den Zwischenruf. Der Minister weiß es wahrscheinlich. (Zwischenrufe.) - Ich werde das Rätsel lösen: Es war Albert Einstein. Albert Einstein, der sich mit vielen Themen beschäftigt hat, hat sich auch mit diesem wichtigen Insekt beschäftigt, das ein Bioindikator ist, das sozusagen die Basis unserer Kulturlandschaft darstellt, die Basis unserer Ernährung sichert, nämlich die Bestäubung von Kulturpflanzen, von Obstkulturen. Ohne Bienen gibt es keine Lebensmittelproduktion. Wenn man sich anschaut, welche Maßnahmen der Herr Bundesminister bezüglich des Bienensterbens, das ja nicht nur ein österreichisches Phänomen ist, sondern das durchaus weltweit zu beobachten ist, bisher getroffen hat und wie er bisher argumentiert hat, beginnt man nachdenklich zu werden. Ich werde versuchen, aus dieser Anfragebeantwortung auch herauszuarbeiten, wo wir die Probleme sehen, Herr Bundesminister, und wo wir auch die notwendigen Antworten von Ihnen erwarten. Meine erste Frage an Sie ist: Warum sagen Sie nicht klipp und klar, wie viel Geld die chemische Industrie, die Firmen Syngenta Agro GmbH, Bayer CropScience, BASF tatsächlich zum Forschungsprojekt „MELISSA" - das ist nämlich jenes Forschungsprojekt, das diesen Prozess des Bienensterbens untersuchen soll, die Ursachen herausfinden soll - beisteuern und warum diese Konzerne dieses Projekt in diesem Ausmaß unterstützen. Sie haben geantwortet: 17 Prozent der Gesamtprojektsumme. Warum nennen Sie nicht die Zahlen? Warum sagen Sie uns heute hier nicht - ich hoffe, Sie werden es noch tun -, wie viel die chemische Industrie konkret beisteuert für dieses Projekt? Das ist die erste wichtige Frage, die aus dieser Anfragebesprechung hervorgehen sollte. Kurz zu den Insektiziden, die hier verwendet werden, zu den Beizmitteln. Es handelt sich um die Handelsprodukte Cruiser 350 FS mit dem Inhaltsstoff Thiametoxam von der Firma Syngenta, es handelt sich um das Mittel Gaucho 600 FS mit dem Inhaltsstoff Imidacloprid von der Firma Bayer, es handelt sich um das Produkt Poncho mit dem Inhaltsstoff Clothianidin von der Firma Bayer - alles aus der Gruppe der Neonicotinoide. Wir kennen diese Gruppe, und jetzt kommt der Punkt: In anderen Ländern, in anderen Mitgliedstaaten sind diese Produkte bereits verboten, so in Italien und Deutschland. Meine ganz konkrete Frage: Was können Sie vorweisen, welche Argumente können Sie auf den Tisch legen, um dieses Verbot in Österreich immer noch zu verhindern? Herr Minister, warum verhindern Sie als Umweltminister dieses Verbot? Sie sprechen ja oft genug von Synergien zwischen Landwirtschaft und Umwelt. Da wäre ja genau das der Punkt, zu sagen: Ja, aus umweltpolitischer Sicht sind diese Pestizide zu gefährlich. Das Projekt und auch der dritte Zwischenbericht zeigen ganz klar, dass es hier weiterhin zum Bienensterben kommt - trotz Verbesserung der Anwendung. Es liegt also an Ihnen, diese Mittel zu verbieten. Das ist der nächste zentrale Punkt. Das Nächste ist - und das ist der Grund dafür, dass ich versucht habe, diese Anfragebesprechung ins Plenum zu bringen -, dass Sie tatsächlich Antworten an das Haus, an Abgeordnete verweigern, etwa auf unsere Frage, wie hoch die Kontamination der Bienen im Einzelfall ist. Meine Damen und Herren! Im Jahr 2010 waren 76 Imkereibetriebe, 98 Bienenstände betroffen, und bei den 89 untersuchten Proben war das Neonicotinoid Clothianidin in 51 Prozent der Fälle nachweisbar. Das heißt, mehr als 50 Prozent der von den Imkern eingesendeten Bienen waren nachweislich kontaminiert. Meine konkrete Frage war: Wie hoch war die Kontamination? - Und Sie verweigern die Aussage. Sie als Umweltminister verweigern die Aussage, indem Sie sagen: „Die genauen Gehalte der entsprechenden Wirkstoffe können erst im Endbericht im Kontext mit dem Sachverhalt vor Ort und einer entsprechenden Bewertung bekanntgegeben werden." Das halte ich für ungeheuerlich, weil Sie in derselben Anfragebesprechung, wo Sie auch erstmals zugeben, dass die Chemieindustrie hier mitfinanziert, auch sagen: „Im Forschungsförderungsvertrag" - mit der Chemieindustrie - „sind die Rechte und Pflichten der eingebundenen Stellen festgelegt. Insbesondere ist im Vertrag für die Unternehmen zwar die Beteiligung an projektbegleitenden Gesprächen und die Verfügbarkeit von Daten" vorgesehen. Das heißt, die Chemieindustrie und auch die forschungsinvolvierten Stellen der Länder bekommen die Daten. Wir hier im Parlament, die Abgeordneten, bekommen sie nicht. Und das widerspricht dem Interpellationsrecht diametral! (Abg. Ing. Schultes: Das stimmt ja nicht!) - Kollege Schultes, es ist etwas anderes, wenn man sagt, sie können das Forschungsdesign beeinflussen. Das habe ich ja noch nicht behauptet, dass sie auch das Forschungsdesign beeinflussen. Das werden wir noch herausfinden müssen, ob das so ist. Es gibt ein Indiz, dass sie auch dort gewaltig mitmischen, nämlich bei den Anwendungsvorschriften, Kollege Schultes. Es ist kein Geheimnis, dass in der Anwendungsvorschrift der AGES direkt Werbeprospekte der Chemieindustrie 1 : 1 vom Text der Bayer, in diesem Fall von Bayer CropScience, übernommen wurde für die Anwendungsvorschriften der AGES. Das ist keine gute Praxis, sondern das ist eine Vermischung von einer an und für sich notwendigen unabhängigen Risikoforschung mit Industrieinteressen. Herr Kollege Schultes, halten Sie sich fest! Wenn man nämlich das durchliest, was in der Anwendungsvorschrift steht, dann wird jeder hier im Haus, der Landwirtschaft in Österreich kennt, sagen: Na hallo, aber so funktioniert Landwirtschaft zumindest in meiner Region nicht! - Da steht drinnen: „Keine Aussaat des behandelten Saatgutes" - also mit Insektiziden behandelten Saatgutes -, „wenn Gefahr der Staubabdrift in benachbarte blühende Pflanzenbestände besteht. Nicht neben in Windrichtung liegenden Flächen mit blühenden Pflanzenbeständen säen. Keine Ausbringung des behandelten Saatgutes bei Windgeschwindigkeiten über 5 m/s ...". Meine Damen und Herren! Wer weiß, wo Mais angebaut wird in Österreich, muss feststellen, dass überall in der Zeit - und das ist Ende April bis Anfang Mai - ja selbstverständlich die ganze Natur blüht. Die Obstbäume blühen, die Bäume blühen! (Abg. Jakob Auer: Im April bauen wir Mais an! Ab 10. April bauen wir Mais an!) - Ab 10. April, aber auch nur heuer. Kollege Auer, Sie sind aus Oberösterreich. In Oberösterreich war es heuer früher. (Abg. Hornek: Sie haben den Beweis angetreten, dass Sie von Landwirtschaft überhaupt nichts verstehen! Null Ahnung! - Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ja, ja, Kollegen, regt euch ruhig auf! Dann bauen wir den Mais ab 10. April an, kein Problem, und dann regnet es und dann verkümmert der Mais. Das haben wir alles schon erlebt, wenn es Regenfälle gab. Sie wissen ganz genau, dass ab 10. April genug blüht. Warum regen Sie sich so auf? - Weil es eben wahr ist. Es besteht offensichtlich ein Zusammenhang zwischen der Politik des Bauernbundes und der chemischen Industrie in Form Ihrer Zusammenarbeit. Sie machen sich da zum Steigbügelhalter der chemischen Industrie, das ist das Faktum! (Beifall bei den Grünen. - Abg. Hornek: Unglaublich!) Und diese Geschichte, werte Kollegen, werden wir uns noch sehr genau anschauen. (Abg. Hornek: Das ist der Wind, um den es da geht!) Sie brauchen sich nicht aufzuregen - hören Sie lieber zu, was der Minister antwortet auf diese Anwendungsvorschriften! Der Minister sagt: Der Anbau auf einer Fläche, die vollständig von blühenden Pflanzenbeständen umgeben ist, ist, um eine Abdrift zu vermeiden, damit faktisch nur bei Windstille möglich. - Zitatende. Jeder, der die Landwirtschaft kennt und auch die Witterungsverhältnisse im heurigen Frühjahr, weiß: Es ist völlig unmöglich, Mais nur bei Windstille anzubauen. Aber der Herr Minister sagt so etwas. Und was passiert? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die AGES sagt jetzt, das Problem der Pestizidbelastung bei den Bienen ist nicht die Chemie, nicht die chemische Industrie, nicht chemische Mittel, sondern die Bauern seien schuld, da sie die Anwendung nicht ordentlich durchführen. Ebenso seien die Länder schuld, weil sie das nicht ordentlich kontrollieren. Da, meine Damen und Herren, sieht man, wie der Bauernbund arbeitet: Dort, wo er Geld von der chemischen Industrie nimmt, sind die Bauern die Schuldigen. So schaut die Bau ernpolitik des Bauernbundes aus! (Beifall bei den Grünen. - Abg. Mag. Kogler: Wer zahlt euch überhaupt? - Abg. Hornek: Das ist ja unglaublich!) - Genau, Herr Kollege, das ist wirklich unglaublich. (Abg. Hornek: Wer zahlt den Pirklhuber? - Die Bauern!) Ein weiteres unverfängliches Indiz: Während Sie, Herr Minister Berlakovich, monatelang, jahrelang verschwiegen und verhindert haben, dass diese Daten an die Öffentlichkeit kommen, hat die AGES am 29. April 2011, und zwar erstmalig, zugegeben, dass es zumindest teilweise einen Zusammenhang zwischen Bienenschäden und insektizidgebeiztem Saatgut geben kann, dass ein solcher Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden kann. Das ist das Faktum. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Daher, Herr Minister, sollten Sie all diese Dinge auf den Tisch legen. Gehen Sie in sich und verbieten Sie endlich die Neonicotinoide, wie das die Imker in Österreich fordern. - Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)


 




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