Sitzung: 24. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 126. Sitzung am 20.10.2011
Tagesordnungspunkt: Fortsetzung der Tagesordnung (Bundesfinanzgesetz) Redezeit: 18:26-18:31
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ein ganzer Tag gefüllt mit dem Thema einer Rede, die man gestern das erste Mal von der neuen Finanzministerin hören konnte und wo man erwarten durfte, dass sie irgendwie besondere, neue, persönliche Nuancen in eine fi- nanzpolitische Debatte bringt. Leider, muss ich feststellen, war das Ergebnis dieser Rede alles andere als ein Highlight des Parlamentarismus. Ich muss sagen, es ist eigentlich sehr, sehr traurig, dass eine Finanzministerin in diesem Haus nicht fähig ist, ein gewisses Quantum an Analyse zu bringen, damit Bürgerinnen und Bürger auch eine Ahnung haben, worum es in diesem Haus eigentlich geht. Wenn sie gleich am Anfang schreibt: „Die letzten Jahre waren ein stürmisches Tief: Ein rauer Wind mit heftigen Turbulenzen und Ungewissheit.", ja was will sie suggerieren? - Die Krise sei ein Naturphänomen? Sie ist nichts anderes als ein Sturm, eine Naturkatastrophe? - Eben nicht! Es gibt ganz klare Indizien und Hinweise darauf, woher dieser Sturm kommt. Der ist politikgemacht, der hat Ursachen im System und ist nicht quasi ein Naturphänomen. Punkt eins: Die Deregulierung der Finanzmärkte hat ihre Auswirkungen. Begonnen hat das in den achtziger Jahren. Die Wirkungen haben wir in dieser Krise, in der wir jetzt sind. Die Abnahme der Investitionen in das produktive Kapital in Europa und die Zunahme der Finanzspekulation - das sind die Elemente, um die es geht. Dahinter steht eine Politik der Deregulierung. Wer ist denn verantwortlich gewesen für diese Art von Politik in den letzten zehn Jahren? Ganz klar: die ÖVP. Und sie ist nicht fähig und nicht bereit, ihre eigene Verantwortung wahrzunehmen und auch einmal anzuerkennen, dass diese Politik gescheitert ist, eine Politik, die auf Kosten der Mehrheit der Bevölkerung gegangen ist. (Beifall bei den Grünen.) Das wäre zu erwarten gewesen, dass endlich einmal klar wird - Kollege Kogler hat es ja sehr gut gesagt -, Staatsschuldenkrise und die Bankenkrise sind die zwei Seiten derselben Medaille. Es ist manchmal für die BürgerInnen schon irgendwie kurios, wenn sie das durchdenken und feststellen müssen: Okay, die Staaten retten jene Banken, an die sie Zinsen zahlen für jene Kredite, die sie für öffentliche Leistungen von eben denselben Banken aufnehmen. Das ist nichts anderes als eine Geldschöpfungsmaschine zwischen Banken und Staaten. Gleichzeitig hat auch das schlechtere Rating, das derzeit bei den Staaten passiert, den Effekt, dass höhere Zinsen an jene Banken gezahlt werden müssen. Und das ist ja eigentlich das Kuriose: Das Bankensystem wird gerettet mit dem Geld der Steuerzahler, gleichzeitig wird die stärkere Verschuldung der Staaten dafür herangezogen, dass das Zinsniveau steigt. Das ist eigentlich das Problem, in dem wir stecken, und das ist auch eine Art der politischen Krise und der Sinnkrise in Europa, die man konkret beantworten wird müssen. Ich möchte ein Stichwort erwähnen: Finanztransaktionssteuer. Dazu haben wir einen gemeinsamen Beschluss hier in diesem Haus, und der Herr Bundeskanzler - und ich denke, auch die meisten Abgeordneten - hat sich bei diversen internationalen Foren immer dafür eingesetzt. Aber es ist schon zu hinterfragen, was Kollege Cap hier gemeint hat: Wenn Finanztransaktionssteuer, dann soll sie national genutzt werden. Werte Kolleginnen und Kollegen, dazu kein Wort von der Finanzministerin. - Punkt eins. Und zweitens: Die Finanztransaktionssteuer sollte ein europäisches Instrument sein. Warum? - Nur dann können auch die nationalen Beiträge für das EU-Budget entlastet werden. Das macht Sinn, das wäre gut zu argumentieren und das wäre auch eine Antwort auf die Probleme der Zeit, weil es notwendig ist, auch ein europäisches Steuersystem einzuführen. - Auch dazu null Antwort von der Ministerin. Was sagt die Ministerin stattdessen? - Seite 36 ist wohl ein Affront für jeden, der denken kann, für jeden Bürger, für jede Bürgerin. „Die Besteuerung" - sagt sie dort - „erfolgt effizient, fair und gerecht." - Sie kann offensichtlich nicht Zeitung lesen. Wenn man sich den „Standard" vom 24., 25. September zum Thema Vermögensteuern in der Europäischen Union anschaut, so sieht man, Schlusslicht ist die Slowakei, dann kommt Tschechien und an drittletzter Stelle Österreich. Das sind die Fakten, und daher ist es nur recht und billig, endlich auf dieser Ebene - das ist unsere Devise - auch die Steuergerechtigkeit in diesem Land herzustellen und nicht dauernd von den gerechten und fairen Steuern zu reden und das Gegenteil von dem zu machen, wie es leider die Finanzministerin gemacht hat. - Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
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