Sitzung: 24. Gesetzgebungsperiode Nationalrat 179. Sitzung am 13.11.2012
Tagesordnungspunkt: konsequente Umsetzung der österreichischen Anti-Atompolitik
Redezeit: 17.37-17.41
Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zu Beginn noch einmal ein großes Dankeschön an die Initiatoren der Petition, Global 2000. Diese Petition hat wirklich eine sehr gute Geschichte, muss ich sagen, weil sie gezeigt hat, dass die Instrumente, wenn man sie aktiv nutzt und wenn genug Druck entsteht, sehr wohl im Parlament auch wirklich zu gemeinsamen Initiativen werden können, die auch, wie man in der Stellungnahme des Ministers gesehen hat, zumindest einmal stante pede ernst genommen werden. - Zu den Details komme ich später.
Was ich aber auch noch erwähnen will und was wir nicht unterschlagen sollten, ist - und das finde ich bemerkenswert -, dass es zig Kommunen, also zig Gemeinden gegeben hat, die Resolutionen gemeinsam, auch parteiübergreifend, in Gemeinderäten beschlossen haben, und diese Petitionen wurden auch im Parlament be- und verhandelt und mit dieser Petition miterledigt. Ich finde das sehr bemerkenswert, weil es zeigt, dass auch auf kommunaler Ebene die Bereitschaft der Politik da ist, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, wenn es um Lebensinteressen der Regionen geht, wenn es um die Lebensinteressen zum Beispiel von Mühlviertler Gemeinden geht, die direkt die Erstbetroffenen sind.
Damit sind wir schon bei den konkreten Problemen. Der Herr Minister hat ja auch selbst die Frage der Endlagerung angesprochen, die völlig offen ist - ein offenes Thema von Zigtausenden Jahren -, die eigentlich, wenn man es nüchtern betrachtet, eine gar nicht lösbare politische Frage darstellt, denn man müsste eigentlich Lagerungssysteme entwickeln, die auch sozusagen jenseits politischer Stabilitäten halten, in der Realität praktisch halten. Denn was ist, wenn das Geld nicht mehr da ist, um solche Lagerstätten permanent zu überwachen, wenn es einmal wirklich durch Naturkatastrophen oder ähnliche Dinge über Jahrzehnte unmöglich ist, Zugang zu diesen Dingen zu haben? - Das scheint mir einer der zentralen Punkte, wo wir, wenn wir das durchdenken, wieder sicher sind, dass unser Weg, ein atomkraftfreies Europa zu entwickeln, der richtige Weg, der sichere Weg ist.
Da, Herr Minister, ginge es auch noch um ein paar Dinge, die wir in Oberösterreich zum Beispiel mehrfach begonnen haben offensiv anzuziehen und die man auf europäischer Ebene massiv vorantreiben müsste, nämlich unter anderem die Frage der Kostenwahrheit. Die Kostenwahrheit bei der Stromproduktion ist derzeit nicht gewährleistet. Die Illusion der tschechischen Politik ist doch die, dass der Atomstrom wirklich der billigere Strom wäre! Das ist sozusagen eine absolut kurzfristige Bilanzierung, die berücksichtigt keine Versicherungskosten, keine allfälligen Haftungsfragen, keine Fragen der Kosten der Lagerung. Das müsste einmal in der Kostenwahrheit integriert werden. Das ist ein ganz starkes Argument, das wir unbedingt angehen sollten!
Fukushima zeigt, wie die Unternehmungen dort heute operieren. Sie sind heute in Staatseigentum, da es gar nicht anders geht. Diese Haftungssummen sind durch private Firmen nicht zu decken. Und genau da müsste unsere Kritik in Europa ansetzen, letztlich trifft es ja wieder den Steuerzahler. An diesem Punkt sollte auch die Ausstiegskonferenz für die atomkraftfreien Staaten ansetzen - das wäre die Initiative, die wir brauchen -, an der Frage der Haftung, an der Frage der risikobasierten Einschätzungen.
Gleichzeitig müssten wir - das steht auch im Antrag, und das finde ich ganz wichtig - die Möglichkeiten zur Einberufung einer Euratom-Vertragsrevisionskonferenz berücksichtigen. Das müssten die zwei Elemente sein, hier eine gemeinsame Linie zu entwickeln.
Herr Minister! Wenn Sie sagen, dass die Ambitionen vieler Länder nicht mehr besonders groß sind, da der Unfall in Fukushima schon länger vorbei ist, sage ich Ihnen klar: Dann sind wir aufgerufen, erst recht alle Anstrengungen zu unternehmen und auch aktiv einzuladen, nämlich nach Wien einzuladen, und hier die nächste Folgekonferenz mit einer guten Vorbereitung und mit einer offensiven Ansage zu veranstalten.
Das wäre Ihre Aufgabe. Darauf werden wir aber nicht warten, sondern wir werden das in den nächsten Monaten, und zwar im nächsten Jahr, ganz sicher von Ihnen einfordern. Das wird eine wichtige Nagelprobe sein, ob Sie ernsthaft bereit sind, diesen Antrag auch in der Politik zu verfolgen, ihn real umzusetzen. - Danke. (Beifall bei den Grünen.)
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